Die "Until Dawn"-Verfilmung ist leider missglückt

Seit dieser Woche läuft „Until Dawn“ in den Kinos. Nach „Ein Minecraft Film“ die nächste misslungene Videospiel-Verfilmung. „Until Dawn“ ist der Beweis, dass mehr von allem nicht immer einen Mehrwert bedeutet. In dieser Adaption des Playstation-Spiels von 2015 wird so ziemlich alles an Personal und Inventar auf die Leinwand gebracht, was das Horrorkino hergibt. Ein maskierter Serienkiller, riesige Monster, mythische Wesen, eine Hexe, Gespenster, Besessene, außerirdische Parasiten. Kontaminiertes Wasser lässt plötzlich menschliche Körper im Blutschwall zerplatzen und so weiter und so fort. So eine Gemischtwarentheke klingt womöglich nach einer spaßigen Zeit, sofern man mit dem Genre etwas anfangen kann. Man könnte es aber auch pessimistischer formulieren und sagen: Dieser Film versucht vor allem, seinem Publikum das Geld aus der Tasche zu ziehen. Unterschiedlichste Sehgewohnten und Interessen will er abdecken und befriedigen. Am Ende entsteht daraus umso leblosere Kunst, die noch dazu gänzlich überfordert anmutet, wie sie mit ihrer Vorlage verfahren und was sie überhaupt erzählen will. Foto: 2024 Screen Gems, Inc. and TSG Entertainment II LLC. All Rights Reserved. Viele Horrorfilme in einem Die unterschiedlichen Subgenres des Horrorfilms, die in „Until Dawn“ wie eine Perlenkette aufgefädelt werden, folgen alle ihren eigenen Regeln und Ästhetiken. Sie benötigen unterschiedliche Tonalitäten, unterschiedliches Geschick, einen Blick für die jeweiligen Eigenheiten. Es gibt Regisseure, die drehen beispielsweise ganz wunderbare Spukhausfilme. Das heißt aber nicht, dass sie ebenso talentiert darin sind, einen blutigen Slasherfilm zu inszenieren. Und „Until Dawn“ verlangt noch viel mehr als das. Schließlich soll man hier unzählige kleine Filme in einem sehen können. Insofern ist dieses Projekt mit seinen vielen erzählerischen Gesichtern an sich schon eine gewisse Anmaßung, an der Regisseur David F. Sandberg leider scheitert. Sandberg, der ursprünglich mit einigen sehr effektiven, gruseligen Kurzfilmen („Lights Out“) berühmt wurde, kehrt in der episodischen Struktur gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurück. „Until Dawn“ lebt weniger von einem größeren Spannungsbogen, sondern von der Anordnung diverser Miniaturen. Der Film bietet damit unzähliges Material, um sich inszenatorisch auszutoben. Am Ende ist daraus aber ein einziger gleichförmiger ästhetischer Brei, eine große Langeweile geworden, weil der Horror dieses Films bis auf ein paar nette praktische Effekte und die immer gleichen lauten Schocks gänzlich leer bleibt. Einen Jumpscare, also das laute Erschrecken, wirkungsvoll und ausgeklügelt aufzubauen, ist eine Kunstform und Disziplin für sich. Wenn sie aber hauptsächlich darin besteht, dass plötzlich Fratzen in der Dunkelheit aufleuchten oder Menschen aus dem Nichts durch die Luft geschleudert werden, dann ist das arg einfallslos geraten. Foto: 2025 CTMG, Inc. All Rights Reserved. Darum geht es in „Until Dawn“ Dabei ist die Prämisse von „Until Dawn“ eigentlich nicht uninteressant, wenngleich sie mit der Videospiel-Vorlage nur noch entfernt etwas zu tun hat. In diesem Film strandet eine Gruppe junger Menschen in einem abgelegenen Haus. Eine Sanduhr an der Wand setzt nun eine Zeitschleife in Gang. Immer wieder müssen diese Figuren eine Nacht des Grauens durchstehen. Jedes Mal taucht eine neue Gefahr auf, die ihnen nach dem Leben trachtet. Man hat hier also den Modus eines Videospiels, immer wieder neu starten zu können und damit Figuren immer wieder aufs Neue beim Leiden, Gruseln und Sterben zuzusehen und zu steuern, in eine filmische Struktur übersetzt. Und das birgt Potential, um über die Gewaltstruktur solcher spielerischer Formen nachzudenken! Oder über die menschliche Lust am Horror an sich. Denn natürlich erzählt dieses Szenario etwas ganz Universelles über das Horrorkino, das Abgründige und die ultimative Grenzüberschreitung des Todes kontrolliert erfahren zu können, ohne dabei selbst Schaden zu nehmen. Foto: 2025 CTMG, Inc. All Rights Reserved. Die schwächere Version von „The Cabin in the Woods“ Was den Figuren in „Until Dawn“ als Terror widerfährt, ist zugleich die Überwindung des Todes, der seine Endgültigkeit verliert und immer wieder erneut durchgespielt und ausgetestet werden kann. Schade nur, dass die Drehbuchautoren Gary Daubermann und Blair Butler wenig mit diesen angelegten Metaebenen anfangen können. Stattdessen hangelt man sich von einer beliebigen, abgedroschenen Schockerszene zur nächsten. „Until Dawn“ erinnert deutlich an die Horrorkomödie „The Cabin in the Woods“ von 2012, in der es ebenfalls darum ging, eine Gruppe junger Opfer auf das uralte Arsenal des Horrors in all seinen Ausprägungen treffen zu lassen. Dort ging es allerdings tatsächlich im wahrsten Sinne in den Maschinenraum des Kinos. Hinein in das Satirische. Dort wurden Regeln und Konventionen des Genres befragt und dekonstruiert. In „Until Dawn“ bleiben davon höchstens gut gemeinte Ansätze und die Lust am flüchtigen Affekt. Wer in seinem Leben allerdings bereits einige Horrorfilme gesehen hat, dürfte über diese Angstübungen nur müde lächeln. „Until Dawn“ läuft seit dem 24. April 2025 in den deutschen Kinos. „Until Dawn – Trailer 1 Deutsch (Kinostart: 24.4.2025)“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen Hinweis: Bei einigen Verlinkungen handelt es sich um Affiliate-Links. Mit einem Kauf über diesen Link erhält DIGITAL FERNSEHEN eine kleine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.