Rentnerin muss ihr Haus nach 51 Jahren verlassen – wegen eines Fehlers Von: Pia Krieg Drucken Teilen Ein kleines Haus in Berlin ist seit über 50 Jahren das Zuhause einer Rentnerin. Doch jetzt droht ihr eine Zwangsversteigerung. Berlin – Der Wohnungsmarkt in Berlin ist einer der anspruchsvollsten in ganz Deutschland. Wer sein Haus in der Hauptstadt verliert, steht vor einer großen Herausforderung. So ergeht es jetzt auch der 70-jährigen Kornelia Rienecker. Ihr steht der Verlust ihres seit Jahrzehnten bewohnten Eigenheims bevor – und das wegen eines fehlenden Notarstempels. Die Seniorin kaufte das Grundstück mit ihrem damaligen Mann für 10.000 Ost-Mark von einer 80-jährigen Eigentümerin. Im Tausch gegen ihre Wohnung im Plattenbau erhielten sie die 1.300 Quadratmeter große Parzelle mit einer Holzlaube, die sie später zum Vier-Zimmer-Haus erweiterten. Doch diesem Vertrag aus DDR-Zeiten fehlte ein entscheidendes Detail: eine notarielle Beurkundung. Die Zeitung B.Z. berichtet über ihr Schicksal. Nach 51 Jahren muss Regina Rienecker ihr Haus in Berlin verlassen. Die notarielle Beglaubigung fehlt. (Symbolbild) © BildFunkMV/IMAGO Bürokratie-Drama: Wie ein fehlender Stempel 50 Jahre Zuhause zunichtemacht Nach der deutschen Wiedervereinigung wollte Rienecker ihre Tochter ins Grundbuch eintragen lassen – doch ihr Grundstück war nie offiziell eingetragen worden. „Niemand hat uns damals gesagt, dass der Vertrag notariell beglaubigt werden muss“, erklärt die Rentnerin gegenüber der B.Z. In der DDR galten zwar teilweise vereinfachte Regelungen für den Erwerb von Grundstücken, aber auch dort war eine notarielle Beurkundung prinzipiell vorgeschrieben. Fehlende Beurkundung: Rechtliche Fallstricke nach der Wiedervereinigung Nach der Wiedervereinigung wurde diese Vorschrift mit verschärften Regeln fortgeführt: Nach § 311b Abs. 1 BGB ist für Immobilienkäufe in Deutschland die notarielle Beurkundung zwingend erforderlich. Ohne sie ist der Vertrag nach § 125 BGB ungültig – auch rückwirkend für bestehende Verträge, sofern sie nicht nachträglich beurkundet wurden. Damit das Grundstück rechtssicher ihnen gehört, hätten Rienecker und ihr Mann nach der Wende zwei Schritte nachholen müssen: Die Eigentumsübertragung im Grundbuch eintragen lassen (§ 873 BGB) Den DDR-Kaufvertrag durch einen Notar bestätigen lassen (Nachbeurkundung) Doch diese nachträgliche Beurkundung haben die 70-Jährige und ihr inzwischen verstorbener Mann nicht vorgenommen. „Ich bin selbst an dem Dilemma schuld“, berichtet die 70-Jährige der B.Z. Eine Anwältin spürte nun die Erben der früheren Besitzerin in Bayern auf. Doch diese forderten eine Million Euro für das Grundstück. Bei einer ersten Zwangsversteigerung 2023 scheiterte der Verkauf am zu niedrigen Gebot von 350.000 Euro. Nun steht der nächste Termin am 12. Mai 2025 im Rathaus Lichtenberg an. Rente: Das sind die 15 größten Mythen zur Altersvorsorge Fotostrecke ansehen Das Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) erlaubt Gläubigern, Ansprüche geltend zu machen, sobald der Schuldner nicht mehr seine Zahlungen leistet oder – wie in diesem Fall – das Eigentum nicht rechtssicher ist. Für Rienecker bedeutet das: Trotz jahrelanger Nutzung hat sie keine rechtliche Möglichkeit gegen die Versteigerung. Auch in Rotenburg sorgte kürzlich eine emotionale Zwangsversteigerung für Aufsehen. Dort stand ein historisches Hofgut zum Verkauf. Das kleine Haus gehört der Seniorin – doch die Entschädigung ist minimal Obwohl das Grundstück versteigert wird, gehört das Haus rechtlich gesehen Rienecker. Eine Schätzung ergab, dass sie im besten Fall 135.000 Euro Entschädigung erhält – zu wenig für eine vergleichbare Wohnung in Berlin. Zudem wird die Wohnungssuche in Metropolen wie Berlin immer komplizierter. „Dieses Haus ist meine Heimat. So viele Erinnerungen stecken hier drin“, klagt die Rentnerin, die an Depressionen leidet. Nach Angaben der Zeitung darf sie maximal bis zum Jahresende bleiben, doch sie hat die Hoffnung bereits aufgegeben.