Stellenanzeige für "digital Native" ist Altersdiskriminierung

"Digital Native gesucht" mag bei der Partnersuche zulässig ein, doch bei der Suche nach Mitarbeitern kann das teuer kommen. Denn diese Formulierung kann verbotene Diskriminierung älterer Bewerber darstellen. Ein entsprechendes Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn gegen einen dort ansässigen Sportartikelhändler ist vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestätigt worden (Az. 17 Sa 2/24). Anzeige Der Begriff "digital natives" sei 2001 von Marc Prensky geprägt wurden, um jene Generation von Menschen zu beschreiben, die mit digitaler Technik "wie Computern, dem Internet und anderen mobilen Geräten aufgewachsen sind, und sie der Generation der 'digital immigrants' gegenüberzustellen, der älteren Generation", die nicht damit aufgewachsen sei. Die Urteilsbegründung zitiert auch Duden und Wikipedia mit gleicher Bedeutung. Daraus gehe hervor, dass der Begriff nicht auf Fähigkeiten und Erfahrung abstelle, sondern darauf, dass ein Bewerber "von klein auf mit den digitalen Medien vertraut ist, weil er in die digitale Welt hineingeboren wurde. Damit kann dem Begriff 'Digital Native' ein Alters- bzw. Generationenbezug nicht abgesprochen werden." Und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet ausdrücklich die Benachteiligung Beschäftigter aufgrund ihres Alters. Dieser Schutz greift bereits im Bewerbungsverfahren. Der Sachverhalt Im April 2023 suchte der beklagte Arbeitgeber einen "Manager Corporate Communications (M/W/D) Unternehmensstrategie" in Vollzeit für die Zentrale in Heilbronn. "Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten (sic) zu Hause", hieß es in der auf einschlägigen Webseiten verbreiteten Stellenanzeige. Und: "Du bist ein absoluter Teambuddy…". Die weiteren Anforderungen waren hoch, darunter "abgeschlossenes Hochschulstudium im Bereich PR, Journalistik, Kommunikations-/Medien- oder Wirtschaftswissenschaften", "Mehrjährige, fundierte Berufserfahrung im Bereich Print- und Onlineredaktion", "Profi im Thema Kommunikation" und "Leidenschaft für Sprache und Digitale Formate". Ein 1972 geborener Diplom-Wirtschaftsjurist bewarb sich erfolglos. Daraufhin klagte er auf Entschädigung in Höhe von fünf Monatsgehältern à 7.500 Euro. Vergeblich verteidigte sich das belangte Unternehmen mit der Behauptung, den Bewerber nicht aufgrund seines Alters ausgeschlossen zu haben. Vielmehr sei er überqualifiziert gewesen, habe in Berlin gewohnt, und seine Jahresgehaltsvorstellung von 90.000 Euro brutto sei für einen Sachbearbeiter zu hoch gewesen. Doch wer "Unternehmensstrategie" in die Überschrift schreibe, suche mehr als einen bloßen Sachbearbeiter, fand das Arbeitsgericht. Anzeige Es stellte die Altersdiskriminierung fest, legte aber eine geringere Entschädigung fest: eineinhalb Monatsgehälter à 5.000 Euro, zuzüglich Zinsen ab dem Tag der Klageeinbringung (Az. 8 Ca 191/23). Vergebliche Berufung Der internationale Sportartikelhändler berief erfolglos. Der Begriff "digital Native" lege die Vermutung nahe, dass Bewerber gesucht würden, die mit digitaler Technik "wie Computern, dem Internet und Smartphones aufgewachsen sind und diese von klein auf in ihren Alltag integriert haben." "Verstärkt wird die Bezugnahme auf das Alter durch die weiteren Passagen in der Stellenausschreibung, in welcher der/die gesuchte Bewerber/in als 'absoluter Teambuddy' bezeichnet und ihm/ihr Aufgaben in einem 'dynamischen Team' geboten werden. Die Ansprache als 'Teambuddy' richtet sich aus Sicht eines objektiven Lesers des Stellenprofils eher an einen/eine jüngeren/jüngere als einen/eine älteren/ältere Bewerber/in. Und auch der Begriff 'dynamisch' beschreibt eine Eigenschaft, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird." Ab welchem Jahrgang genau eine Person ein "digital Native" sein kann, lässt das Gericht ausdrücklich offen. In englischsprachiger Literatur wird mehrfach das Jahr 1981 genannt. Der 1972 geborene Bewerber sei jedenfalls kein digital Native und durch die Stellenausschreibung unmittelbar aufgrund seines Alters diskriminiert worden. Das Gesetz kennt zwar Rechtfertigungsgründe, doch habe das Unternehmen deren Vorliegen nicht einmal behauptet. Der behauptete Rechtsmissbrauch sei nicht gegeben. Nur in einem Punkt ändert das Landesarbeitsgericht in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom November die Entscheidung der ersten Instanz: Zinsen beginnen erst einen Tag nach Rechtsanhängigkeit zu laufen, nicht schon am selben Tag. Der Nicht-Arbeitgeber muss auch die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Ein ordentliches Rechtsmittel an das Bundesarbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg nicht zugelassen. Der Sportartikelhändler gibt nicht auf und hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. (ds)