Was auffiel beim ZSC-Sieg – Hat sich Lausanne bereits aus dem Final manövriert? 3:0 gewinnen die Lions Game 1 beim LHC. Es war ein Spiel der Zürcher Stars. Und die Partie eines stillen Krampfers. Sowie eine der taktisch extremen Massnahmen. Kristian Kapp Konsternation: Für die Lausanner Fans gab es im ersten Finalspiel gegen die ZSC Lions nichts zu feiern. Foto: Pascal Muller (Freshfocus) Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren. Abo abschliessenLogin BotTalk Frust in Lausanne: oben und unten Die Medienplätze in der Vaudoise-Arena befinden sich direkt hinter den obersten Sitzplätzen und vor dem an NHL-Arenen erinnernden Rundgang. Ebenfalls dort platziert sind Vertreter des Gastteams: CEO, General Manager, verletzte Spieler. Das kann für kuriose Momente sorgen: Während Sven Leuenberger in der zweiten Pause ein Radiointerview gab, nutzte ein älterer Herr in Lausanner Fan-Farben die Gelegenheit, um dem ZSC-Sportchef auch etwas ins Mikrofon zu sagen. Es waren keine Glückwünsche zur 3:0-Führung der ZSC Lions, sondern eine nüchterne Bemerkung: «Sie haben doch den Schiedsrichter gekauft.» Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt. An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen. Cookies zulassen Mehr Infos Ob Verschwörungstheorien unter dem Hallendach oder Reklamationen auf dem Eis; der Lausanner Frust war überall zu spüren. Das Lamento kurz zuvor war von Topskorer Antti Suomela: Er hatte vor dem 0:3 den Puck in der Offensivzone verloren, weil ihm der Referee im Weg stand. Ärgerlich? Definitiv. Entscheidend? Nicht wirklich. Wie danach Andrea Glauser gegen Torschütze Sven Andrighetto verteidigte, sollte in der Analyse mehr Gewicht erhalten. Der perfekte Saisonverlauf der ZSC Lions Wie sehr liefen die ZSC Lions am Ende der Qualifikation auf dem Zahnfleisch. Der Triumph in der Champions Hockey League hatte seinen Preis. «Ein Faktor war auch unser Spielplan wegen der CHL», sagte Verteidiger Yannick Weber, in Finalspiel 1 einmal mehr ein defensiv überragender Akteur. «Nach oftmals vier Partien in fünf Tagen kamen wir an die Grenzen, hatten Verletzte und Kranke.» Auch im aktuellen Playoff-Eisbrecher wird über Spiel 1 im Final diskutiert. Zwei Wochen Pause nach der Qualifikation seien ein Segen gewesen: «Wir konnten endlich durchatmen.» Der ZSC wirkt im Playoff frischer als die Gegner und zieht sein Ding durch. Oder wie es Stürmer Willy Riedi kürzlich salopp, aber druckreif für Fan-T-Shirts sagte: «Fertig Scheissdreck.» Geoff Ward und der Bumerang Der perfekte Start in den Playoff-Final: ZSC-Headcoach Marco Bayer hat gut lachen. Foto: Martin Meienberger (Freshfocus) Man kennt es von Geoff Ward: Lausannes Trainer liebt das «Line-Matching», also eigene Linien fix auf bestimmte gegnerische anzusetzen. Doch was am Dienstag zwei Drittel lang geschah, war selbst für wardsche Verhältnisse extrem: der perfekte Match über alle Linien hinweg. Schickte ZSC-Trainer Marco Bayer die Malgin-Linie mit Andrighetto und Balcers aufs Eis, konterte Ward mit der eigenen Paradeformation. Die anderen Linienduelle: Jäger gegen Grant, Kahun gegen Sigrist, Bougro gegen Baechler. In 47 der 50 Shifts der ersten 40 Minuten gab es diese Matchs! Selbst der gegnerische Coach wunderte sich: Er wisse auch nicht, warum Ward dies derart durchgezogen habe, sagte Bayer. Das ganze Spielchen bescherte Lausanne zudem keinerlei Vorteile – im Gegenteil. Und Ward? Er habe seine Gründe, sagte er bloss. Bayer wiederum konnte mit einem Lächeln konstatieren, dass er sogar die von ihm selbst erhofften Duelle gesehen habe. Wird er am Donnerstag, wenn er zu Hause das Recht des letzten Wechsels hat, ähnlich extrem vorgehen? Das verriet Bayer natürlich nicht. Aber: «Ich habe es nun in meinen Händen. Und einen Plan.» Justin Sigrist und das perfekte Spiel der ZSC Lions «Auch in Unterzahl spielten wir sehr gut»: ZSC-Stürmer Justin Sigrist. Foto: Michela Locatelli (Freshfocus) Keine Frage: Ward hatte versucht, den ZSC gleich in Spiel 1 zu überraschen. Dazu passte, dass er mit Prassl/Jäger/Fuchs ein in dieser Saison nie eingesetztes Trio bildete. Ward ist ein Taktikfuchs, doch diesmal erwies sich vieles als Bumerang: Beim Duell der beiden 1. Linien dürfte er wohl auf ein Patt gehofft haben, doch dann stachen Malgin und Co. die Suomela-Linie aus. Ganz in die Hose ging der Versuch, zumindest mit Rochette/Kahun/Perlini gegen die 3. ZSC-Linie zu dominieren. Justin Sigrists Trio mit Willy Riedi und Vinzenz Rohrer war am Ende sogar sinnbildlich für den defensiv starken Auftritt der Zürcher. Auch wenn sie selber vorne wenig Gefahr kreierten, liessen Sigrist und Co. hinten praktisch nichts zu. So durfte Sigrist vom «fast perfekten Auswärtsspiel» sprechen. «Fast», weil im Schlussdrittel Lausanne zu drei Powerplays kam. «Doch auch in Unterzahl spielten wir sehr gut», sagte Sigrist. Weil Eigenlob stinkt, erwähnte er sich selbst nicht. Wie Sigrist aber im Penaltykilling mit gewonnenen Bullys, abgefangenen Pässen und schlauen Vorstössen Lausanne den letzten Nerv raubte, rundete den hervorragenden Abend des Defensiv-Centers ab. Lausanne und der «Raffl-Faktor» Im Final 2024 hatte Lausanne zu Hause den ZSC frustriert. Davon war nun nichts zu sehen. Warum? Man kann es drehen und wenden sowie taktische und statistische Schlaumeiereien bemühen. Doch ausschlaggebend ist wohl nur dies: Mit dem verletzten Michael Raffl fehlt dem LHC der Motor und das Playoff-Monster. Er und der nun ebenfalls verletzte Bozon sowie Ken Jäger hatten damals Malgin und Co. zermürbt. Um ein so talentiertes Team wie den ZSC mutig mit konsequentem Pressing zu bedrängen, braucht es den gefürchteten Bösewicht, der mit physischem Spiel für die Initialzündung sorgt. Auch beim Publikum. «In der Halle wurde es immer leiser», sagte Sigrist am Dienstag, «das ist ein gutes Zeichen für uns.» Und auf dem Eis? Ohne den «Raffl-Faktor» war es der ZSC, der mit viel Laufarbeit dem Gegner auf dem ganzen Feld die Luft zum Atmen raubte. Emotionen und Provokationen von Lausanne? Fehlanzeige. Und will der LHC diesen ZSC mit rein spielerischen Mitteln herausfordern, kommt es genau so heraus: mit einem problemlosen 3:0 für die Zürcher. Newsletter Löwenpost Erhalten Sie jedes Mal eine Mail, wenn ein neuer Artikel zu den ZSC Lions erscheint. Weitere Newsletter Einloggen Eisbrecher – der Eishockey-Podcast von Tamedia Diesen Podcast können Sie auch auf allen gängigen Podcast-Plattformen kostenlos hören und abonnieren. Kristian Kapp ist Journalist im Sportressort bei Tamedia. Mehr Infos @K_Krisztian_ Fehler gefunden?Jetzt melden.