Papst Franziskus ist im Alter von 88 Jahren gestorben. In den nächsten Tagen soll er beerdigt werden, jedoch nicht im Petersdom. Papst-Experte Andreas Englisch berichtet von einem „sehr schwierigen Verhältnis zwischen dem Papst und dieser großen Kirche“. Papst Franziskus ist tot. Und jetzt? Der Vatikan-Experte Andreas Englisch erklärt, wie es weitergeht – und was ein ganz bestimmter Ring damit zu tun hat. Außerdem erinnert er an ein außergewöhnliches Ereignis. Anzeige Andreas Englisch ist einer der führenden deutschen Vatikan-Experten. Als Journalist berichtet er seit Langem über den Kirchenstaat und die Päpste. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter anderem über Franziskus und dessen Vorgänger Benedikt XVI. Im WELT-Interview erklärt er, wie es nach dem Tod des Papstes weitergeht – und erinnert sich an einen einschneidenden Moment in dessen Pontifikat. WELT: Wie werden die nächsten Stunden in Rom ablaufen? Anzeige Andreas Englisch: Es werden sicher noch ganz viele Menschen zum Petersplatz kommen, aber viele werden sich auch in der argentinischen Kirche im Norden von Rom versammeln. Auch Freunde des Papstes werden kommen. Er ist offensichtlich heute Morgen so überraschend gestorben, dass seine wirklich engen Freunde im Vatikan – etwa Kardinal Fernandez, der auch aus Argentinien stammt – nicht von ihm Abschied nehmen konnten. Ich nehme mal an, dass man ihnen die Möglichkeit geben wird, die Leiche noch einmal zu sehen, sich also zu verabschieden. WELT: Wie geht es dann weiter? Anzeige Englisch: Das Nächste, was passieren muss, hat mit dem Siegelring der Päpste zu tun, dem sogenannten Fischerring. Den bekommt jeder Papst, wenn er gewählt wird. Und wenn er stirbt, muss der Ring zertrümmert werden. Das ist eine der ersten Amtshandlungen – ein Ritus, den es seit dem Mittelalter gibt. Der nächste Papst bekommt dann einen neuen Fischerring. Außerdem wird man das Testament von Franziskus eröffnen. Der größte Teil davon ist bekannt. Lesen Sie auch Ressort : Ausland Zum Tod von Papst Franziskus Der Missverstandene WELT: Nämlich? Lesen Sie auch Artikeltyp : Advertorial TRAUMHAUSVERLOSUNG Gewinnen Sie 1,8 Millionen Euro Wohnluxus! Englisch: Er möchte nicht in der Peterskirche begraben werden. Das Verhältnis zwischen diesem Papst und dieser großen Kirche war immer schwierig. Natürlich war das seine Arena, aber er hatte mit diesem gewaltigen barocken Bau, mit dem vielen Gold immer seine Probleme. Wenn Sie einen Gottesdienst von Franziskus in dieser Kirche gesehen haben, hatten Sie manchmal das Gefühl, er passt da genauso wenig hin wie Jesus Christus. Man dachte oft: Das ist eigentlich nicht sein Zuhause. Tatsächlich hat er festgelegt, nach seinem Tod in seiner Marienkirche begraben zu werden. Er hat dort immer wieder vor einem kleinen Bild der Muttergottes gebetet, 30 oder 40 Zentimeter groß. WELT: Wie kann man sich die Beerdigung vorstellen? Englisch: Die Leiche wird nicht einbalsamiert, der Papst hat das nicht gewollt. Es wird auch keine Aufbahrung geben, die es bei allen anderen Päpsten zuvor immer gab. Er mochte dieses Spektakel nicht, er fand es nicht gut, dass man die Leiche zur Schau stellt wie einen König oder Kaiser. Weil er das nicht wollte, musste er sogar das Reglement ändern. WELT: Wie werden sich die Gläubigen in den nächsten Stunden und Tagen verhalten? Englisch: Wahrscheinlich werden Menschen anfangen, in der Marienkirche an seinem zukünftigen Grab zu beten. Seine Freunde werden kommen. Es gibt einige Verwandte in Turin, die kommen ganz bestimmt nach Rom. Und es wird eine Flut von Pilgern einsetzen, aus ganz vielen Ländern der Welt. Vor allem die Menschen und Institutionen, für die er sich eingesetzt hat: die Caritas, die Leute aus den Suppenküchen rund um den Vatikan. Im April 2019 küsst Franziskus dem Präsidenten des Südsudan, Salva Kiir, die Füße Quelle : picture alliance/dpa/- WELT: Was bleibt aus Franziskus‘ Amtszeit in Erinnerung? Englisch: Eines der erstaunlichsten Ereignisse, die es in seinem Pontifikat gab, war der Moment, als Franziskus zwei Politikern aus dem Süden des Sudan die Füße geküsst hat. Viele haben sich furchtbar darüber aufgeregt. Diese Politiker hatten Frieden geschlossen, und der Papst entschied, ihnen die Füße zu küssen. Ein Mitarbeiter hat mir damals von dem Vorhaben erzählt, und wir dachten alle, das sei keine gute Idee. Er hat das dann durchgezogen. Die Politiker standen da, der Papst ging auf die Knie und küsste ihnen die Füße dafür, dass sie bereit waren, einen Waffenstillstand im Süden des Sudans zu schließen. WELT: Wie haben Sie das wahrgenommen? Englisch: Ich gebe zu, das waren Bilder, von denen ich dachte, sie gingen – was die Würde eines Papstes angeht – an die Grenze. Aber er war so. Ihm waren Konventionen völlig egal. (lacht) Es war üblich, im Audienzsaal große Konzerte für die Päpste zu organisieren. Und zu dem ersten großen Konzert, dass sie für ihn organisiert haben, ist er einfach nicht gekommen. Der Stuhl ist leer geblieben. Er hat gesagt: „Ich bin keine Majestät, ich will keine großen Konzerte. Ich bin ein Pfarrer.“ gub