Ex-Leibwächter des Papstes: So läuft die Totenwache Ein historisches Foto aus dem April 2005: Hinten liegt der verstorbene Papst Johannes Paul II., rechts hält Philipp Odermatt Totenwache Diese Truppe ist ein Mythos! Seit 500 Jahren sorgt die päpstliche Schweizergarde für die Sicherheit des Heiligen Vaters. Dabei tragen die Soldaten bis heute traditionelle bunte Uniformen, Helm und altertümliche Waffen, sind auch bei TV-Übertragungen zum Tod von Papst Franziskus (†88) ein Blickfang. Aktuell sieht man die Truppe am Totenbett des verstorbenen Pontifex auf Posten. BILD traf den Ex-Gardisten Philipp Odermatt, der von 2002 bis 2005 im Vatikan diente. Er erlebte Historisches: den Tod von Johannes Paul II. und das Konklave 2005, bei dem Benedikt XVI. gewählt wurde. Lebt heute in Hamburg: der frühere Gardist Philipp Odermatt (43) Totenwache: Auf keinen Fall bewegen Zeitzeuge Odermatt hielt selbst Totenwache: „Bei meinem Vorgesetzten hatte ich mich freiwillig gemeldet. Die Totenwache ist Ehrensache. Schon Vater und Großvater waren im päpstlichen Dienst.“ Johannes Paul II. war wie jetzt Franziskus aufgebahrt. Tausende Katholiken wollten sich verabschieden: „Ich habe dreimal je eine Stunde Wache gestanden. Dabei gilt: Wir bleiben absolut regungslos stehen, den Blick geradeaus. Sprechen verboten!“ So sieht es heute aus: der aufgebahrte Franziskus, neben ihm stehen zwei Gardisten. Tausende Gäste drängen in den Petersdom Der Luzerner, der heute in Hamburg als Erzieher arbeitet, war Hellebardier. Eine Hellebarde ist eine mittelalterliche Waffe, eine Mischung aus Axt und Speer: „Die Hand soll bei der Wache bewegungslos an der Hellebarde bleiben, sollte nicht herunterrutschen. Einmal ist es mir passiert – schon das war mir etwas unangenehm“, so Odermatt. Insgesamt sechs Stunden war er in der Basilika. Zum Essen war er dabei zu aufgeregt, es gab nur Wasser. Den Gardisten sei bereits vor anderen Großereignissen eingebläut worden: Egal, was bei den Gästen, auf dem Petersplatz oder in der Schlange passiert: ruhig bleiben, stehen bleiben. Denn ganz allein sind sie nicht für die Sicherheit verantwortlich! „Wir wussten: Im Publikum sind Garde-Offiziere in Zivil, dazu Gendarmerie. Die haben schwere Waffen, könnten jederzeit eingreifen.“ Normalerweise sind die Gardisten mit Pfefferspray ausgerüstet – aber aus optischen Gründen nicht bei der Totenwache: „Hätte ich jemanden aufhalten müssen, hätte ich es wohl mit bloßen Händen tun müssen.“ Und weiter: „Die Schwere des Moments, die Trauer wird einem erst hinterher bewusst. Ich musste mich während der Wache ermahnen, mich nicht über Belanglosigkeiten wie herumliegenden Müll in der Basilika zu ärgern.“ Heiliger Schwur, für den Papst das Leben zu geben Zu Beginn ihrer Dienstzeit müssen die Gardisten einen heiligen Schwur leisten: Bei der Vereidigung wird gelobt, im Notfall das Leben für den Papst zu geben. Darüber habe er tiefsinnige Gespräche mit den anderen Gardisten in der Kaserne geführt, so Odermatt: „Ich war damals überzeugt, dass ich mich geopfert hätte. Ein Eid ist Eid.“ Odermatt bei der Vereidigung 2002: drei Finger hoch, Schwur auf das Leben des Papstes Papst segnete Gardisten Eine Begegnung mit dem Papst hat Odermatt besonders in Erinnerung. „Johannes Paul II. kam an mir vorbei, hielt kurz, segnete mich. Dabei sah er mir tief in die Augen. Ich hatte das Gefühl, er sieht mir direkt in die Seele.“ Beim Ausscheiden aus dem Dienst verabschiedete sich Papst Benedikt von Philipp Odermatt Secret Service wollte Selfie Andere Dienste schätzen die Garde extrem. Bei einem Besuch des damaligen US-Präsidenten George W. Bush kam sogar der Secret Service auf Odermatt zu, wollte ein Selfie. Einen Wunsch hat Odermatt: dass er seine beiden Söhne überzeugen kann, auch Gardist zu werden.