Ein 21-Jähriger wird von der Polizei erschossen. Er ist schwarz, die Schüsse treffen ihn von hinten. Tausende Menschen kommen in Oldenburg zusammen, um des Getöteten zu gedenken. Sie stellen Fragen und Forderungen. Nach dem Tod des 21 Jahre alten Lorenz durch Polizeischüsse in der Oldenburger Innenstadt sind dort Tausende Menschen zu einer Demonstration zusammengekommen. Bei der Kundgebung mit vielen emotionalen Redebeiträgen war ein Platz, auf dem sich rund 8.000 Menschen versammeln können, bis in viele Ecken gefüllt. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf bis zu 10.000. Auch rund um den Platz standen Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Hautfarbe und gedachten des getöteten jungen Mannes und anderer Opfer von Polizeigewalt. Der genaue Ablauf der Ereignisse in der Nacht zum Ostersonntag ist bislang unklar. Fest steht, dass der 21 Jahre alte Deutsche am frühen Morgen in der Fußgängerzone von einem Polizisten erschossen wurde - von hinten. Laut Obduktionsergebnis wurde Lorenz an der Hüfte, am Oberkörper und am Kopf getroffen. Ein vierter Schuss streifte ihn am Oberschenkel. Der 27 Jahre alte Polizist wurde vorläufig vom Dienst suspendiert. Gegen ihn wird wegen Totschlags ermittelt - das übliche Verfahren in solchen Fällen. In den sozialen Medien wächst derweil der Unmut. Viele nehmen an, dass die Schüsse auf den Schwarzen einen rassistischen Hintergrund haben. Unter den Hashtags #gerechtigkeitfürlorenz und #justiceforlorenz werden Polizeigewalt und Rassismus thematisiert. Am Tatort in der Oldenburger Innenstadt liegen viele Blumen, Kerzen und persönliche Botschaften, die an Lorenz erinnern und Gerechtigkeit fordern. "Man sollte nicht so sterben", sagt der 14-jährige Richart, der vor der Demonstration gemeinsam mit Freunden am Tatort steht. "Ich wünsche mir, dass der Polizist angeklagt wird und eine gerechte Strafe bekommt." "Vertrauen in Polizei steht auf dem Spiel" Viele Menschen bleiben vor den vielen Blumen stehen und halten inne. Einige haben Kerzen dabei und zünden sie an. Der Tod des jungen Mannes gehe ihm nahe, sagt der 20-jährige Anton. Die Stimmung in diesem Teil der Fußgängerzone sei anders als sonst, wehmütiger und trauriger. Dass die Polizeidienststelle im benachbarten Delmenhorst den Fall untersuche, könne er nicht verstehen. Emily Schkrob geht es ähnlich. "Man kennt solche Geschichten aus Amerika", sagt die 19-Jährige mit Blick auf die Proteste nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd. "Aber man hat einfach nie gedacht, dass so was auch hier passieren kann." "Mehrere Schüsse von hinten, das ist für uns nicht zu rechtfertigen", sagt Suraj Mailitafi, Sprecher der Oldenburger Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz" vor Beginn der Demonstration. Kein Mensch habe es verdient, Opfer von Polizeigewalt zu werden. Die Polizei sollte deeskalieren. "Das Vertrauen in eine Institution, die eigentlich uns schützen soll, steht auf dem Spiel", kritisiert er. Daher müsse der Fall lückenlos aufgeklärt werden. Genau diese Forderung stellen Rednerinnen und Redner bei der Kundgebung und Demonstration am Abend, zu der auch Menschen aus anderen Städten angereist sind - etwa aus Bremen, Dortmund und Hamburg. In anderen Städten wurde zeitgleich zu Demonstrationen und Mahnwachen vor Ort aufgerufen, etwa in Berlin, Hannover, Braunschweig, Düsseldorf, Bochum, Frankfurt, Stuttgart, München und Wien. "Zusammen möchten wir mit euch ein kraftvolles Zeichen setzen", sagt eine Sprecherin der Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz". Wie andere Redner und Menschen im Publikum kritisierte sie strukturellen Rassismus. Tödliche Polizeigewalt treffe vor allem schwarze Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. Bei der Kundgebung in Oldenburg baten mehrere Redner und Organisatoren die Menge, friedlich und respektvoll zu demonstrieren. Dies wünschten sich die Angehörigen, sagten sie. Demnach bat vor allem die Mutter des Getöteten um ein würdevolles Gedenken ohne Gewalt. Die Polizei zog ein positives Fazit. Es sei zu keinen größeren Auseinandersetzungen gekommen. Lediglich einige kleinere Brände an Mülltonnen und einzelnen Autoreifen habe die Feuerwehr löschen müssen. Polizeivizepräsident Arne Schmidt sagte: "Der Tod von Lorenz A. bewegt viele Menschen zutiefst - auch innerhalb der Polizei." Dass so viele Bürgerinnen und Bürger friedlich zusammengekommen seien, um ihre Betroffenheit auszudrücken, verdiene Respekt.