BILD-Reporter im Selbstversuch für einen ruhigen Schlaf: Mission Schnarchnase
So wird der „Schnarcher“ zum Patienten: Voll verkabelt liegt BILD-Reporter Jesko zu Dohna im Schlaflabor des Berliner Virchow-Klinikums . Berlin – Jetzt beginnt er: mein Kampf gegen das Schnarchen! Es treibt meine Partnerin in den Wahnsinn. Und macht mich vielleicht sogar krank. Das will ich nicht länger hinnehmen. Ich will kein Schnarcher mehr sein. Für mich startet „Mission Schnarchnase“: im Schlaflabor des Berliner Virchow-Klinikums. Das Verkabeln für die Nacht dauert eine halbe Stunde: Mit den Kabeln am Körper fühle ich mich wie ein Versuchskaninchen. Am Kopf werden die Sensoren mit Gips und Klebstoff fixiert. „Damit Sie die nicht herausreißen“, sagt die nette Schwester. Zimmer im Schlaflabor des Virchow-Klinikums: „Sieht hier nicht aus wie im Fernsehen“, meint die Schwester. Eine Nacht soll ich im Schlaflabor verbringen. Unter Aufsicht. Sensoren, Kameras und EKG messen meine Schlafqualität, meine Schlafphasen und wann ich träume (zum Glück nicht, wovon). Mein Schnarchen ist seit zwei Jahren so heftig, dass ich damit regelmäßig meine Partnerin wecke. Das sorgt für schlechte Stimmung am Morgen. Sie ist sauer und ich habe ein schlechtes Gewissen für etwas, das ich gar nicht mitbekommen und schon gar nicht mit Absicht gemacht habe. Ab jetzt ist es ein medizinischer Fall. Der „Schnarcher“, also ich, bin nun Patient. Ein Drittel der Deutschen hat Schlafapnoe Was mich beruhigt: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) schnarchen 26 Millionen Deutsche krankhaft. Obstruktive Schlafapnoe mit Atemaussetzern. Weltweit sollen es knapp eine Milliarde Menschen sein. 12 Prozent der Weltbevölkerung. Deshalb sitze ich nun auf dem Bett in einem trostlosen Krankenhauszimmer und warte, dass die Schwestern endlich „Licht aus!“ sagen und im Kontrollraum die Überwachung startet. Ich habe Glück im Unglück, denn die Wartezeit für einen Termin hier beträgt oft mehrere Jahre. Durch einen Zufall habe ich einen Termin bekommen. Bei Millionen Deutschen bleibt die Krankheit unbehandelt. Auf dem BILD-Herzgipfel: Prof. Dr. med. Christoph Schöbel ist Schlafmediziner und Schnarch-Experte Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes Zwar könne man nicht im Schlaf ersticken, sagt Schlafmediziner Prof. Dr. Christoph Schöbel, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitätsklinikum Essen zu BILD, aber „dabei werden Stress-Hormone freigesetzt – das passiert mehrfach pro Stunde über Wochen, Monate, Jahre“, warnt der Mediziner. „Wird die Schlafapnoe nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, steigt das Risiko für zahlreiche Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes.“ Nur, viele Menschen wissen nicht, dass sie krankhaft schnarchen. Sie versuchen es mit Hausmitteln: Seitenlage, Kastanien im Schlafanzug, Nasenklemmen oder mehreren Kopfkissen. Fast immer vergeblich. Kurz vor der Aufzeichnung: BILD-Reporter Jesko zu Dohna fühlt sich wie ein Versuchskaninchen Depressionen oder Demenz als Folge Bei Schlafapnoe wird das Gehirn nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt. Es drohen Depressionen oder Demenz. Die Folge-Erkrankungen können im schlimmsten Fall tödlich enden. Das Tückische: Morgens merken Betroffene nur, dass sie erschöpft sind. Auch ich fühle mich oft gerädert. Ernst genommen habe ich das nicht. Man pennt halt manchmal schlecht. Wäre ich Single, wäre es mir gar nicht aufgefallen. Ich hätte ungestört weiterhin ganze Brandenburger Kiefernwälder abgesägt. Ich brauche ewig zum Einschlafen 21:15 Uhr. Die Aufzeichnung beginnt. Ich brauche ewig zum Einschlafen, die Kabel und angeklebten Sensoren drücken und jucken. Dann wache ich wieder auf. Denke, es ist schon sechs Uhr morgens und ich bin durch. Dabei ist es erst 1.20 Uhr. Ich liege danach fast zwei Stunden wach. Am Ende schaffe ich es trotz mehrerer Anflüge des Rettungshubschraubers und der Verkabelung sechs Stunden durchzuschlafen. Ich habe währenddessen fünf Atemaussetzer. Der längste dauert 17 Sekunden. Mehrere Dutzende Mal ist meine Atmung so flach, dass weniger Luft in meine Luftröhre gelangt. Verdacht auf milde obstruktive Schlafapnoe. Nicht nur Übergewichtige sind betroffen Beim ersten Termin in der Schlafmedizin einige Wochen vorher sitzt ein Metzgermeister vor mir in der Aufnahme. Er wiegt bestimmt 120 Kilo und hat schwere Schlafapnoe. Behandelt wird er mit einer Überdruckmaske, die er aber nicht mehr ertragen kann, weil sie drückt und er damit „aussieht wie ein Rollschinken“, sagt er. Auch interessant Anzeige Auch interessant Anzeige Was ich immer dachte: Schnarcher sind nur fettleibige, alte Männer. Dabei stimmt das nicht. Zwar sind Übergewicht und Alkohol am Abend Risikofaktoren, die man beeinflussen kann, aber es kann auch schlanke und junge Leute wie mich treffen, sagt mein Arzt. Während meines Aufenthaltes im Schlaflabor ist auch eine zierliche, junge Frau da. Sie ist höchstens Mitte 20. Ärzte sagen: Das Gewebe und die Muskulatur um den Zungenboden wird mit der Zeit weicher und schwächer und die Atemwege werden dadurch blockiert. Auch wer einen zurückgesetzten Unterkiefer hat, neigt eher zu Schlafapnoe. Meinen nächsten Termin habe ich im Juni. Dann wird der Arzt entscheiden: Ist alles in Ordnung? Muss ich wieder ins Labor, oder bekomme ich eine spezielle Zahnschiene? Auf die Beatmungsmaske werde ich verzichten dürfen. Nur schnarchen werde ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens, sagt mein Arzt.