„Nehmen den Staat auf allen Ebenen aus“- Report entlarvt Deutschlands wahre Sozialschmarotzer

„Nehmen den Staat auf allen Ebenen aus“ - Report entlarvt Deutschlands wahre Sozialschmarotzer Von: Andreas Apetz Drucken Teilen Ein Bericht des Bundesrechnungshofs zeigt: Nicht Bürgergeld-Empfänger, sondern Steuerbetrüger kosten den Staat jährlich Milliarden. Die Genehmigung des milliardenschweren Finanzpakets von Union und SPD ist gerade durch den Bundesrat, da veröffentlicht der Bundesrechnungshof (BRH) einen Sonderbericht mit „Maßnahmen zur Stärkung der Einnahmebasis“. Dieser erklärt, an welchen Stellen der Staat noch strukturelle Defizite hat und zukünftig Geld einsparen könnte. Eines der Kernprobleme: Steuerbetrug. Laut dem Bericht wird der Bundeshaushalt durch Steuerbetrug jährlich mit Verlusten in Milliardenhöhe belastet. Während der BRH deshalb eine Reform der Steuerbetrugsbekämpfung fordert, möchte die Koalition laut Sondierungspapier zunächst beim „großangelegte[n] Sozialleistungsmissbrauch, im Inland sowie durch im Ausland lebende[r] Menschen“ ansetzen. BRH-Bericht zeigt: Steuerbetrüger sind größere „Sozialschmarotzer“ als Bürgergeld-Empfänger Bei Diskussionen um Sozialleistungsmissbrauch geraten besonders Bürgergeld-Empfänger ins Fadenkreuz, wobei hartnäckig das Narrativ des „Sozialschmarotzers“ gezeichnet wird, der dem Staat auf der Tasche liegt. Tatsächlich aber bewerten Experten das Einsparpotential beim Bürgergeld deutlich geringer als die möglichen Mehreinnahmen durch konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug. Der Bundesrechnungshof beziffert den jährlichen Schaden durch Steuerbetrug deutlich höher als den durch das Bürgergeld. (Symbolfoto) © Robert Michael/dpa Der Bundesagentur für Arbeit zufolge entstand 2023 durch Bürgergeld-Missbrauch ein Gesamtschaden von etwa 260 Millionen Euro. Dagegen stellten die Steuerfahndungsstellen aller Länder im selben Jahr 2,5 Milliarden Euro sicher, was laut BRH nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte. Der Sonderbericht schätzt den jährlichen Schaden durch Steuerhinterziehung auf einen „zweistelligen Milliardenbetrag“. Florian Köbler, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), beziffert den jährlichen Schaden durch Steuerhinterziehung gegenüber BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA sogar auf rund 200 Milliarden Euro. Der größte Teil – 100 Milliarden Euro – entstehe durch aggressive Steuergestaltung von multinationale Konzernen mit Briefkastenfirmen, während 70 Milliarden auf alltäglichen Steuerbetrug und 30 Milliarden auf gezielte Steuervermeidung wie Umsatzsteuerkarusselle entfallen würden. „Deutschland weit hinter eigenen Ansprüchen“: Experten fordern Reform der Steuerfahndung „Kriminelle nehmen den Staat auf allen Ebenen aus“, warnt Köbler. Das gelte beim Bürgergeld und beim Thema Steuern. „Wir müssen das Vertrauen in den Staat zurückbringen und dafür brauchen wir Gerechtigkeit bei Steuern und bei Sozialhilfe“, sagt der DSTG-Vorsitzende. Im Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD bleibt das Thema Steuerhinterziehung unerwähnt. Die wichtigste Maßnahme sei die dringend nötige Modernisierung veralteter Finanz-IT-Systeme, schreibt der BRH. Die Digitalisierung der Finanzverwaltung habe eine überragende Bedeutung für die Sicherung des Steueraufkommens, heißt es im Sonderbericht. „Dennoch bleibt Deutschland bei der digitalen Ausstattung immer noch weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück.“ Köbler geht noch einen Schritt weiter: „Wir brauchen mehr Künstliche Intelligenz (KI) in der Steuerfahndung. Händisch können wir Steuerhinterziehung nur rudimentär bekämpfen.“ Der erwartete Personalabbau um ein Drittel bis 2030 trage zur Verschärfung der Lage bei. Es sei wichtig, das vorhandene Personal gezielt zur Bekämpfung von Steuerbetrug einzusetzen, statt für die Prüfung von Millionen Rentner- und Arbeitnehmer-Steuererklärungen, sagt Köbler.