„Auf den toten Papst eingedroschen“: Deutscher Kardinal sorgt für Vatikan-Eklat Von: Moritz Bletzinger Drucken Teilen „Macht man beim besten Willen nicht.“ Papst Franziskus war noch nicht einmal beerdigt, da schießt der deutsche Kardinal Müller gegen ihn. Für viele im Vatikan ein Unding. Rom – Das hat er wirklich gemacht? Das dürfte einigen Beobachtern im Vatikan in die Gedanken geschossen sein. Am Donnerstag (24. April) gab der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller der italienischen Zeitung La Repubblica ein Interview, das sich gewaschen hat. Franziskus-Nachfolge: Die Favoriten unter den Papst-Kandidaten – Deutscher mischt mit Fotostrecke ansehen Deutscher Kardinal mit kritischen Tönen über verstorbenen Papst Franziskus „Ein Kapitel in der Kirchengeschichte ist abgeschlossen“, stellte der gebürtige Mainzer im Interview fest. Mit Lob für den verstorbenen Papst hielt er sich zurück, ein Urteil liege bei Gott. Er rekapituliert, Franziskus‘ Engagement für Migranten, die Armen und die Überwindung der Spaltung finde „einhellige Anerkennung“, aber Franziskus sei „manchmal etwas zweideutig“ gewesen. Unter Papst Benedikt XVI. hingegen habe „perfekte theologische Klarheit“ geherrscht. Bei der Frage, wer Nachfolger von Papst Franziskus werden könnte, ließ Müller durchscheinen, dass er nicht unbedingt auf eine Fortsetzung im Sinne des unkonventionellen Pontifikats des Argentiniers hofft. Er betonte: „Der künftige Papst ist nicht der Nachfolger seines Vorgängers, sondern der Nachfolger Petri.“ Wumms. Kardinal Gerhard Ludwig Müller ist seit 2017 Präfekt der Kongregation für Glaubenslehre, dem höchsten Gericht der katholischen Kirche. © Andreas Arnold/picture alliance/dpa/AP Papst war noch nicht einmal beerdigt: Kritisches Müller-Interview erregt Aufsehen im Vatikan Für kirchliche Verhältnisse ungewöhnlich scharfe Worte, zumal Franziskus zu diesem Zeitpunkt erst drei Tage verstorben war und die Beerdigung des Papstes noch nicht einmal stattgefunden hatte. Die Sedisvakanz, der Zeitraum zwischen dem Tod eines Papstes und der Wahl eines Nachfolgers, ist höchst sensibel. Im Vatikan gilt dabei äußerste Zurückhaltung, vor allem für jene, die sich Hoffnung auf das Amt des Papstes machen wollen – das merkt aktuell auch der bisherige Top-Kandidat auf die Nachfolge von Franziskus. Kardinal Müller, der häufig als der Deutsche mit den „größten“ Chancen auf das Papst-Amt beschrieben wird, dürfte sich beim mit seinem Interview vollends ins Abseits des kommenden Konklaves geschossen haben. Vatikan-Experte schimpft deutschen Kardinal Müller: „Er hat auf den toten Papst eingedroschen“ „Er hat auf den toten Papst eingedroschen, ihn öffentlich kritisiert. Das macht man beim besten Willen nicht“, sagt Vatikan-Experte Andreas Englisch im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Beim erfahrenen Beobachter und Papst-Kenner kam das Interview des Deutschen überhaupt nicht gut an – so höchstwahrscheinlich auch bei vielen Geistlichen. Vatikan-Experte und Buchautor Andreas Englisch wurde in Werl in Westfalen geboren. Heute lebt er mit seiner Frau und seinem Sohn in Rom. © ©Riccardo Musacchio und Flavio Ianniello Müller galt als Deutscher mit den größten Papst-Chancen – Experte sieht „nullkommanull Chancen“ Für die anstehende Papstwahl steht aus Sicht von Englisch fest: „Kardinal Müller hat nullkommanull Chancen!“ Die waren zwar auch vor den kritischen Aussagen verschwindend gering, nun scheint es aber endgültig besiegelt. Kardinal Müller gilt als klarer Anhänger von Papst Benedikt XVI., zum Kardinal geweiht wurde er aber 2014 von Franziskus. Seine Chancen im Konklave standen für Beobachter schlecht, weil Deutsche zum einen an Einfluss verloren haben und zum anderen, weil Müller dem konservativen Flügel zugeschrieben wird, es kursiert sogar die Bezeichnung „Trump der katholischen Kirche“. Gilt als konservativ: Kardinal Müller lobt deutschen Papst Benedikt Gegen die Beschreibung als konservativ habe sich Müller allerdings immer gewehrt, schreibt das College of Cardinals Report. Er betrachte sich lieber schlicht als „katholisch“. Dass er es offenbar dennoch eher mit dem konservativeren Benedikt als mit Franziskus hält, ließ er auch im so aufsehenerregend Repubblica-Interview erahnen. „Mit Papst Benedikt herrschte perfekte theologische Klarheit, aber jeder hat seine eigenen Charismen und Fähigkeiten, und ich denke, Papst Franziskus hatte sie eher im sozialen Bereich“, sagte Müller und merkte in anderem Kontext an, die Kirche dürfe nicht mit einer politischen Organisation verwechselt werden. (moe)