Die Union hat die Ressortchefs der nächsten Bundesregierung bereits vorgestellt. Wie Merz-Ministerriege ankommt, ist ein Thema bei "Hart aber fair". Juso-Chef Türmer fehlt die soziale Wärme, Unternehmer Maschmeyer sieht Leadership und sagt: Top. Noch gut eine Woche soll es dauern, dann dürfte Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Die Union hat am Montag ihre Minister vorgestellt. Die SPD ist noch nicht soweit. Dort müssen die Mitglieder sich noch digital darüber entscheiden, ob sie die schwarz-rote Koalition überhaupt wollen. Das Ergebnis wird am Mittwoch bekannt gegeben, die Namen der SPD-Minister sind am kommenden Montag dran. Klar ist: Die neue Bundesregierung hat viel vor. Sie muss die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen. Der geht es momentan nicht gut. Welche Rezepte gibt es, und bekommen die Schwarz-Roten das hin? Die neue Wirtschaftsministerin weckt hohe Erwartungen, denn Katherina Reiche kommt aus der Wirtschaft. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Energie-Lieferanten Westenergie, der zu EON gehört. Carsten Maschmeyer ist hoffnungsfroh und optimistisch. Der Investor, bekannt aus der Vox-Show "Die Höhle der Löwen", kennt die Ministerin zwar nicht persönlich. Doch er sagt in der ARD-Talkshow "Hart aber fair": "Sie war in der Politik, wird also nicht wie ein Fremdling dorthin zurückkehren. Sie kennt den Politzirkus, sie kennt das Thema Leadership, und sie kennt Energie. Allein von diesem Weg her: Top." Juso-Chef Philipp Türmer ist einer der beiden Talkgäste aus der Politik. Auch er hat die neue Wirtschaftsministerin noch nicht kennengelernt. Aber er kennt Dennis Radtke, den Sprecher des Sozialflügels der Union. Und der habe das Unions-Team als kaltblütig und unsozial bezeichnet. "Das hat mir große Sorgen gemacht, ob da die Balance zwischen dem Sozialen und der Wirtschaftskompetenz eingehalten worden ist", so Türmer. Insgesamt sei es in der neuen Ministerriege sehr zulasten des Sozialen gegangen, beklagt Türmer, der jedoch verschweigt, dass sich bei der Besetzung der Ministerposten gerade diesen Bereich die SPD geschnappt hat. Mal abgesehen von Karin Prien. Die Schleswig-Holsteinerin von der CDU hat schwierige vier Jahre vor sich. Vom ehemaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder kurz als "Gedöns" bezeichnet, leitet sie ein Ministerium, das sich mit Jugend, Bildung, Frauen, Familie und Senioren befasst, also mit "Sozial-Klimbim", einem Begriff, den Politiker fast jeder Farbe schon einmal verwendet haben. "Wir brauchen Quereinsteiger" Ralph Brinkhaus von der CDU ist erwartungsgemäß mit der neuen Ministerriege zufrieden, jedenfalls, soweit sie schon bekannt ist. Der vor gut drei Jahren von Friedrich Merz als Unions-Fraktionschef nicht ganz freiwillig abgelöste nordrhein-westfälische Politiker ist voll auf Linie seines Chefs und strahlt so viel Energie aus, dass selbst ein Duracell-Häschen erblassen würde. Es komme auf die Mischung an. "Wir brauchen Quereinsteiger, die von außen kommen, wir brauchen aber auch erfahrene Leute aus der Politik." Dazu gehöre Prien, antwortet er dem Juso-Chef. "Karin Prien ist nun wirklich nicht kaltherzig. Sie steht für den sozialen Flügel in der Union. Und insofern glaube ich, dass wir eine gute Mischung auf den Weg gebracht haben." Was Prien angeht, übrigens die erste jüdische Ministerin seit 1945, hat Merz tatsächlich viele liberale Konservative friedlich gestimmt. Sie ist bekannt dafür, dass sie bisher kein Blatt vor den Mund nimmt und mit ihrer Kritik auch den zukünftigen Bundeskanzler nicht verschont hat. "Ich finde, Sie sollten aufhören, das Kabinett kaputtzureden, bevor die irgendwas gemacht haben", kritisiert die mittelständische Unternehmerin Vera Bökenbrink aus Wuppertal. Dort leitet sie einen Betrieb, der Werkzeug herstellt. Sie sagt: "Vielleicht sind es die Richtigen. Und wenn es nicht die Perfekten sind, sind es vielleicht gute Leute, die gute Berater haben." Die Politik von Trump als Weckruf Die Wirtschaft lobt jedenfalls Katherina Reiche, bevor sie ein Wort gesagt hat. Dabei hat Friedrich Merz der neuen Wirtschaftsministerin schon mal ein Problem weggenommen, an dem sich ihr Vorgänger Robert Habeck einige Zähne ausgebissen hat: Klimaschutz. Der liegt in Zukunft bei dem von der SPD geführten Umweltministerium und hat laut Kritikern nicht mehr die Relevanz wie bisher unter der Ampelkoalition. Doch die Ministerin hat auch sonst sehr viel zu tun. Gerade in den nächsten Wochen wird sie sich mit der Zoll- und Handelspolitik von US-Präsident Trump herumärgern müssen, die Habeck als hauptverantwortlich für die aktuellen Probleme in der Wirtschaft sieht. Das sei aber nicht so, sagt Brinkhaus. Auch andere Fehler seien gemacht worden, und nicht nur von der letzten Regierung. "Wir haben zu wenig auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts geachtet", nennt er ein Beispiel. Trumps Politik sei nun so etwas wie ein Weckruf, denn viele Wirtschaftsbereiche seien von den USA abhängig. "Aber da kann man gegenarbeiten", so Brinkhaus. Man könne verhandeln, vor allem auf europäischer Ebene. Da könne man auch schon mal mit Gegenzöllen drohen. Und: "Wir müssen neue Märkte erschließen." Vor allem müsse man sich neue Freihandelspartner in Afrika oder Südamerika suchen. Schließlich müssten Bundeskanzler, Außenminister und Wirtschaftsministerin auf ihren Reisen ins Ausland die Wirtschaft vertreten, Unternehmen mitnehmen und Verträge abschließen können. "Da waren wir in der Vergangenheit ein bisschen verschämt." Maßnahmen, die der amerikanischen Wirtschaft schaden, fordert dagegen Juso-Chef Türmer. Eine Möglichkeit wäre, "die Nachfrage bei uns zu stärken, um damit dafür zu sorgen, dass auch die Unternehmen in Deutschland weniger abhängig sind von den Geschehnissen auf den Weltmärkten." Deutsche Produkte seien gut, stimmt ihm Maschmeyer zwar zu. Aber genau deswegen seien sie im Ausland beliebt und würden dort verkauft. Diesen Hahn dürfe man nicht abdrehen. Prinzip Hoffnung Deutschland brauche einen "Neustaat", sagt Brinkhaus. Dazu gehörten Anreize für die Wirtschaft, Planungssicherheit und Bürokratieabbau. "Wir müssen in die Pötte kommen", verlangt der Politiker. Denn - mit Blick auf Türmer: "Wenn wir da die ersten Impulse setzen, dann wird auch ein Ruck durchs Land gehen. Dann haben die Leute wieder Vertrauen. Und wenn die Leute wieder Vertrauen haben, kaufen sie Autos, Waschmaschinen und Küchen. Und dann haben wir Ihre Binnennachfrage, Herr Türmer." Das hofft Ralph Brinkhaus. Auf dieses Prinzip Hoffnung ist der Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot in Teilen aufgebaut. Dass er am Ende hält, was er verspricht, hofft auch Unternehmerin Bökenbrink. Sie sagt: "Als Unternehmerin muss ich hoffen. Sonst bin ich raus." Die Bundesregierung will allerdings auch liefern. Hundert Tage gibt sie sich Zeit für die ersten Schritte. Die sollen dazu führen, dass es Deutschland wieder besser geht. Hofft sie.