Merz plant Grundsicherung mit drastischen Sanktionen - Doch Expertin warnt vor Gefahren

Merz plant Grundsicherung mit drastischen Sanktionen – Doch Expertin warnt vor Gefahren Von: Pia Krieg, Carmen Mörwald Drucken Teilen Die Pläne der Koalitionen zur Grundsicherung beinhalten harte Sanktionen. Allerdings könnte ein bestimmter Aspekt die Durchführung laut Experten erschweren. Berlin – Wer in Deutschland auf Grundsicherung angewiesen ist, spürt die Debatten um Bürgergeld oft hautnah. Nun will die neue Regierungskoalition unter Führung von Friedrich Merz (CDU) das System erneut grundlegend umbauen. Die Pläne sehen eine „neue Grundsicherung für Arbeitssuchende“ vor, die deutlich strengere Sanktionen beinhaltet. Auch die Möglichkeit eines vollständigen Leistungsentzugs bei mehrfacher Verweigerung zumutbarer Arbeit steht im Raum. Experten sehen die aktuellen Pläne jedoch kritisch. Die Pläne der Koalition zur Grundsicherung beinhalten drastische Sanktionen. (Symbolbild) © Sven Simon/IMAGO Merz’ Pläne für Grundsicherung „aus verfassungsrechtlicher Sicht höchst problematisch“ „Das Bürgergeld basiert bereits auf dem Prinzip des Förderns und Forderns. Eine weitere Verschärfung der Sanktionen würde dieses Gleichgewicht ins Wanken bringen“, unterstreicht Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland SoVD, im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Für die Verwirklichung der Konzepte gelten strenge verfassungsrechtliche Vorgaben. Die praktische Umsetzung könnte sich daher als komplex erweisen. „Besonders kritisch ist, dass sogar ein vollständiger Leistungsentzug vorgesehen ist. Das ist aus verfassungsrechtlicher Sicht höchst problematisch. Die Koalition hat zwar erklärt, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu achten, jedoch ist dies unter Beachtung des Urteils aus dem Jahr 2019 fragwürdig“, mahnt Engelmeier. Die vorgeschlagenen Sanktionsmaßnahmen stehen im Konflikt zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019. Aus diesen Urteil gehen folgende Punkt hervor: Sanktionen dürfen grundsätzlich nicht den gesamten Lebensunterhalt entziehen. Die Sanktionen müssen immer verhältnismäßig sein und dürfen nicht zu einer Gefährdung der Existenz führen. Leistungskürzungen von mehr als 30 Prozent sind nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt. Ein vollständiger Leistungsentzug ist nur dann zulässig, wenn der Lebensunterhalt tatsächlich und unmittelbar durch eine Arbeitsaufnahme gesichert werden kann – etwa bei einer konkreten Einstellungszusage. Besonders schutzbedürftige Gruppen, etwa Menschen mit psychischen Erkrankungen, müssen besonders berücksichtigt werden Minister der Union unter Kanzler Merz: Finale Liste da – das Kabinett in Bildern Fotostrecke ansehen Sozialverband kann sich Umsetzung der Verschärfung „überhaupt nicht vorstellen“ Auch von Seiten des Sozialverbands VdK Deutschland kommt gegenüber IPPEN.MEDIA deutliche Skepsis zum Ausdruck. Der Verband weist darauf hin, dass der Spielraum für mögliche Sanktionen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bereits vollständig ausgeschöpft sei. „Wie hier eine weitere verfassungsgemäße Verschärfung rechtssicher vorgenommen werden soll, können wir uns gerade in allen Einzelheiten überhaupt nicht vorstellen“, lautet die Stellungnahme. Zusätzlich hebt der Verband hervor, dass die sogenannten „Total-Verweigerer“, die bewusst und grundlos Arbeit ablehnen, nur einen äußerst kleinen Teil der Bürgergeld-Empfänger darstellen. Union und SPD planen strikte Sanktionen bei der Grundsicherung: Expertin warnt vor Gefahren Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), weist im Gespräch mit IPPEN.MEDIA darauf hin, dass die geplanten Änderungen schwerwiegende Folgen für alle Arbeitsuchenden haben könnten: „Arbeitssuchende werden erpressbar, wenn sie jede Arbeit annehmen müssen, egal zu welchen Bedingungen.“ Dies würde nach ihrer Einschätzung Arbeitgebern mit prekären Geschäftsmodellen in die Hände spielen. Auch bei der Rente plant die Koalition umfangreiche Änderungen. (pk)