Bargeldlos: Schwarz-Rot will elektronische Bezahloption zur Pflicht machen

Die geplante schwarz-rote Koalition will die Nutzung von Bargeld weiter zurückdrängen. Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi erklärt diesen Ansatz gegenüber der Welt am Sonntag so: "Wir setzen uns für eine echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein." Die Sozialdemokraten hätten bei den laufenden Koalitionsgesprächen mit CDU und CSU vereinbart, dass jeder Kunde in Geschäften und Restaurants künftig entweder mit Bargeld oder digital bezahlen können solle. Eine entsprechende Pflicht werde nach und nach eingeführt. Anzeige Ganz in diesem Sinne heißt es im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Haushalt, Steuern und Finanzen der schwarz-roten Unterhändler: "Wir wollen, dass grundsätzlich Bargeld und mindestens eine digitale Zahlungsoption schrittweise angeboten werden muss." Vertreter des Lagers der Konservativen sollen den Plan bestätigt haben. Schrodi sieht in dem Vorhaben auch ein wirksames Mittel, um die Steuergesetze effektiver durchzusetzen. Der SPD-Politiker sagte der Zeitung: "Unser Ziel ist es, in bargeldintensiven Bereichen wie beispielsweise der Gastronomie den Steuerbetrug zu bekämpfen und so die vielen steuerehrlichen Unternehmer zu schützen." Auch für eine allgemeine Pflicht zum Einsatz von Registrierkassen will sich Schwarz-Rot laut Schrodi starkmachen. "Die Zeit der offenen Ladenkassen muss vorbei sein", betonte er. Es sei mit CDU und CSU vereinbart worden, spätestens nach der anstehenden Evaluierung des Kassengesetzes von 2016 solche Schritte anzugehen. Neu angeschaffte digitale Kassensysteme müssen schon seit 2020 über eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen, ältere seit 2022. Solche Hardware-basierten Lösungen sollen digitale Aufzeichnungen vor nachträglichen Manipulationen schützen. Die entsprechende Vorgabe führte der Bundestag mit dem Gesetz "zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen" ein. Das Parlament wollte damit Umsatzsteuerbetrug durch Tricks an E-Registrierkassen besser bekämpfen. Bargeldeinsatz als Grundrecht? Wer mit Karte oder Smartphone-App bezahlt, hinterlässt umfassende, leicht auswertbare und zu Profilen verdichtbare Datenspuren. Ramona Pop, Vorständin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), brach daher 2023 eine Lanze für den Erhalt von Bargeld trotz Digitalisierung. "Bezahlen ist politisch", gab sie als Parole aus. Wer wann was etwa im Supermarkt einkaufe, "geht niemand etwas an". Cash habe den großen Vorteil, nicht nachverfolgbar zu sein. Ein Aus für Bargeld "bedroht die informationelle Selbstbestimmung aller Bürger und ist damit politisch hochexplosiv", warnen auch Ökonomen: "Es geht um Grundfreiheiten." Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) beäugt die Koalitionsinitiative laut dem Bericht aus anderen Gründen kritisch: "Angesichts steigender Betriebskosten und sinkender Erträge stellt dies eine zusätzliche Belastung für die Betriebe dar." Kartenzahlungen und mobile Bezahlverfahren seien für Gäste zwar bequem, verursachten für Gastronomen aber zusätzliche Kosten wie Miet- und Servicegebühren für Kartenlesegeräte sowie Transaktions- und Umsatzgebühren. Auch die Registrierkassenpflicht lehnt der Verband mit Blick auf Tante-Emma-Läden oder die Gastronomie und Ticketgeschäfte auf Volksfesten ab. Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßt den Plan dagegen. (nen)