Willow, Majorana 1, Ocelot – die US-amerikanischen Big-Tech-Unternehmen Google, Microsoft und Amazon haben die Quantenszene in letzter Zeit ordentlich aufgewirbelt. Mit hochglänzenden Pressefotos und kreativen Produktnamen vermitteln sie den Eindruck: Das Quantenzeitalter ist jetzt. Anzeige Ein Kommentar von Dr. Sabrina Patsch Sabrina Patsch ist promovierte Quantenphysikerin, Wissenschafts-Bloggerin und leidenschaftlich Science-Slam-Teilnehmerin. Seit 2024 ist sie Redakteurin bei c’t und schreibt über Wissenschaft. Im Idealfall kommt so ein neuer Quantenchip im Paket mit einem wissenschaftlichen Fortschritt. Mit Willow und Ocelot demonstrierten die jeweiligen Forschungsgruppen relevante Fortschritte in der Korrektur von Quantenfehlern. Aufmerksamkeit erregten sie aber erst mit dem Titel "Tech-Gigant veröffentlicht neuen Quantenchip mit blumigem Namen". Ebenso wie Googles Willow rühmen sich auch der chinesische Quantenchip Zuchongzhi-3 und D-Waves Quanten-Annealer Advantage2 mit Behauptungen der Quantenüberlegenheit – einem Begriff, der nach Repression und Kolonialismus schmeckt. Benchmarks sind wichtig, doch sich in künstliche Probleme zu verbeißen, führt zu nichts. D-Wave zeigt, wie man es richtig macht: Sein Quantenrechner bewältigt ein Problem, dessen Lösung auch tatsächlich nützlich ist. Microsoft und sein Chip Majorana 1 sind hingegen ein Paradebeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Die Pressemitteilung des Unternehmens hatte nichts mit der zugehörigen wissenschaftlichen Publikation zu tun: Die eine behauptet, das Team hätte eine neue Art der Qubits entwickelt, die andere sagt, dass es genau das nicht getan hat. Damit führt Microsoft alle an der Nase herum, die mit Fachbegriffen wie "fusion of non-Abelian anyons" aus der Originalpublikation nichts anfangen können. Auch die wissenschaftlichen Standards blieben mehrfach auf der Strecke, wie unsere Recherche ergeben hat. Mit dieser Strategie untergräbt Microsoft das Vertrauen in die gesamte Quantenforschung. Deshalb muss die Fachcommunity die Behauptungen kritisch prüfen und die Ergebnisse klar kommunizieren, damit Microsoft frühere Verfehlungen nicht unter den Teppich kehren kann – wie es das bereits getan hat. Und wenn Sie nun persönlich Konsequenzen ziehen möchten, verraten wir Ihnen in unserem Schwerpunkt "Raus aus den US-Clouds", wie Sie Microsoft & Co. den Rücken kehren können. In eigener Sache: c't bei WhatsApp Ihr könnt die c't auch bei WhatsApp abonnieren: Wir schicken werktäglich Einordnungen zu aktuellen Themen und Einblicke in den Redaktionsalltag. (spa)