Treffen sich zwei Schweden in London – und spielen darum, wer das größte Talent des Landes ist. Dass Hugo Larsson, Mittelfeldspieler von Eintracht Frankfurt, sein erstes Spiel auf der Insel (wo ihn einige ab August vermuten) ausgerechnet gegen den Mann machte, der in seiner Heimat als sein größter Konkurrent gesehen wird, ist ein komischer Zufall. Der Gegenpart ist ein Jahr jünger, spielt ebenfalls im Mittelfeld und heißt Lucas Bergvall. 19 Jahre alt ist er, und schon jetzt der zentrale Mann im Spiel der Spurs. Im Hinspiel dribbelte Bergvall vorbei an Larsson durch das halbe Mittelfeld der Eintracht, schoss dann mit rechts aus knapp 25 Metern und traf das Lattenkreuz. Es war die spektakulärste Szene in Bergvalls Spiel, aber nur eine von vielen. Der Schwede war auch damit beauftragt, seine Vorderleute anzuweisen, wie sie auf die Frankfurter Abwehrkette zulaufen, wenn diese versucht, das Spiel aufzubauen. Das machten die Spurs so koordiniert, dass der Eintracht selten mehr einfiel, als den Ball weit auf ihre schnellen Außenstürmer zu spielen. Die Londoner bestimmten das Spiel, auch weil Bergvall das Tempo vorgab. Und dennoch: Das Spiel endete 1:1. Die Spurs wollen ihre Saison retten Das lag einerseits am herausragenden Frankfurter Torhüter Kauã Santos, dessen Körper sich immer dann zu verlängern schien, wenn man meint, dass der Ball nun doch im Tor landen wird. Und an der Abwehr der Londoner, die zuließ, was in der Bundesliga nur noch selten geschieht: Sie öffnete die Räume für Frankfurter Konter. Hier ist die Eintracht am stärksten, über ihren schnellen Stürmer Hugo Ekitiké und die Flügelspieler Jean-Mattéo Bahoya und Ansgar Knauff. Im Mittelfeld jedoch, wo sich entscheidet, wer in den 90 Minuten häufiger hechelt und hilfesuchend zur Stadionuhr schaut – da hatte Tottenham das Spiel im Griff. Und so dürfte die Hoffnung von Spurs-Trainer Ange Postecoglou für das Rückspiel im Frankfurter Waldstadion an diesem Donnerstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Europa League und bei RTL) sein: Wir haben die besseren Leute in der Mitte, wir gewinnen das Spiel. Externer Inhalt von Youtube Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen . Externe Inhalte aktivieren Für die Spurs ist es die letzte Hoffnung, ihre Saison zu retten. Während bei der Eintracht nach dem 3:0-Sieg über Heidenheim alles danach aussieht, als könne sie den Fluch der schlechten Rückrunden brechen und zum ersten Mal über die Liga in die Champions League einziehen, liegt Tottenham in der Premier League auf Platz 15. 17 ihrer 32 Ligaspiele haben die Spurs verloren. Da hilft nur noch eins: Gewinnen die Londoner den Europapokal, spielen sie im kommenden Jahr in der Champions League. Dafür jedoch müssen sie nach dem Remis im Hinspiel in Frankfurt gewinnen. Die Chancen dafür stünden gut, sagte Postecoglou vergangene Woche. Larsson oder Bergvall, Bergvall oder Larsson? Weil im Pokal aber ja kein Spiel wie das andere ist, schon gar nicht ein Rückspiel dem Hinspiel gleicht, wird im Süden Frankfurts eine andere Partie stattfinden als im Norden Londons. Im Hinspiel habe seine Mannschaft die Eintracht im Zentrum „überwältigt“, sagte Postecoglou. Genau das wird die Eintracht im Rückspiel versuchen, indem sie den Ball über ihre zentralen Spieler Larsson und Mario Götze häufiger führt als in England. Das kommt Larsson entgegen, der im Vergleich zu Bergvall präziser passt. Larsson treibt den Ball jedoch selten länger als zwei, drei Sekunden über das Feld. Bergvall ist genau dann am besten, wenn er den Ball durchs Zentrum schleppt. So gesehen ist das Duell Larsson gegen Bergvall nicht nur eines darum, wer im Mai im Halbfinale der Europa League spielt. Oder wer hier das größere Talent, der Prinz Schwedens ist. Sondern auch eines, das die Frage beantwortet, welcher Spielertyp das Mittelfeld der späten 2020er-Jahre stärker beeinflusst: der Schlepper oder der Passspieler? Gut möglich, dass sich beide Stile in der schwedischen Nationalmannschaft in Zukunft ergänzen. Schon in Frankfurt wäre es fast so weit gewesen. Nach F.A.Z.-Informationen traf sich das Eintracht-Management vor einem Jahr mit Bergvall, als er noch bei Djurgaden spielte. Sie sprachen schon über konkrete Details, bis der große FC Barcelona beim Schweden anrief. Dann kam Tottenham ins Spiel, Bergvall entschied sich für die Spurs, die Eintracht war kurz vor der Ziellinie ausgebremst. „Das müssen Sie beurteilen, nicht ich“ Larsson und Bergvall, die in Skandinavien als die beiden wertvollsten Mittelfeldtalente gelten, konkurrieren also (vorerst) nur in der Nationalelf um den Platz im Zentrum. Larsson sagte nach dem Hinspiel, es habe Spaß gemacht, auch mal gegen Bergvall zu spielen. Die beiden grätschten, stocherten, rauften um jeden Ball, sie waren offenbar dem jeweils anderen zugeteilt worden. Aber wer ist denn nun der Bessere, Herr Larsson? „Das müssen Sie beurteilen, nicht ich.“