Boeing braucht Geld: Digital Aviation Solutions verkauft

Der Flugzeugzusammenbauer Boeing verkauft einen Großteil seiner Sparte für Digital Aviation Solutions. Der Käufer, die US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft Thoma Bravo, zahlt 10,55 Milliarden US-Dollar (aktuell 9,16 Milliarden Euro). Das reduziert Boeings Schuldenberg, der zum Jahreswechsel rund 53 Milliarden US-Dollar hoch war. Anzeige "Diese Transaktion ist ein wichtiger Teil unserer Strategie des Fokus auf unser Kerngeschäft, der Verbesserung unserer Bilanz und des Vorrangs unseres Bonitätsratings", sagte Boeing-CEO Kelly Ortberg am Dienstag. Denn hohe Schulden bedeuten schlechtere Bonität bedeutet höhere Zinsfüße. Zu den verkauften Tochterunternehmen und Marken zählen Jeppesen, Foreflight, Aerdata und Ozrunways. Allerdings behält Boeing bestimmte Lösungen für Kernaufgaben wie Flottenmanagement, Diagnose und Reparatur. Zudem soll Boeing-Software weiterhin den Kunden bei vorbeugender Wartung helfen. Wie viele der 3.900 Mitarbeiter bei Boeings Digital Aviation Solutions den Arbeitgeber wechseln müssen, geht aus der Mitteilung Boeings nicht hervor. Es dürfte die Mehrheit sein. Auch zu etwaigen Kündigungen sagen die beiden Firmen nichts. Der Vertrag ist verbindlich, das Closing ist für Ende des Jahres geplant, sofern erforderliche wettbewerbsrechtliche Genehmigungen erteilt werden. Thoma Bravo wurde 2008 gegründet und investiert vorwiegend in Tech-Unternehmen, die gerne nach einigen Jahren wieder abgestoßen werden. Bekannte Namen im umfassenden Portfolio sind Sophos und Solarwinds. Selbstredend sind nicht alle Beteiligungen profitabel, als Beispiel sei eine Investition von 130 Millionen US-Dollar in die Kryptowährungsbörse FTX erwähnt. Boeing braucht Geld Sicherheitsprobleme wirken sich seit dem Absturz zweier Flugzeuge der Baureihe 737 Max 8 im Oktober 2018 und März 2019 auf den Geschäftsverlauf Boeings aus; erst fünf Jahre nach den (wohl vermeidbaren) Unfällen hat sich Boeing des Verbrechens der Verschwörung zum strafrechtlichen Betrug schuldig bekannt. Dieser Schritt war nicht mehr zu vermeiden, nachdem eine praktisch neue Boeing 737 Max 9 Anfang des Jahres während des Fluges eine Türlochabdeckung verloren hatte. Neuerdings möchte Boeing sein Geständnis offenbar zurückziehen, um eine mildere Strafe seitens des US-Justizministeriums unter Donald Trump zu erreichen. Hinzu kommen erhebliche Verluste mit Raumfahrt- und Militäraufträgen. Das Unternehmen hat Fixpreisverträge geschlossen und sich dabei gewaltig verrechnet. Inzwischen wird sogar über einen Verkauf der Raumfahrtsparte an Blue Origin gemunkelt. Ein Streik hat im Herbst die finanzielle Situation verschlimmert und speziell die Herstellung von Militärprojekten abgeleiteter Zivilprodukte ausgebremst. Der Umsatz des vierten Quartals 2024 ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf 15,2 Milliarden US-Dollar gefallen. Aus dem Betriebsgewinn von 283 Millionen Dollar wurde ein Minus von 3,8 Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr 2024 sind Boeings Geschäftszahlen wenig besser. Anzeige Die Probleme sind nicht plötzlich aufgetreten, sondern über Jahrzehnte zusammengekommen. Besonders die vom einstigen CEO Harry Stonecipher betriebene Strategie des Outsourcings hat sich nachhaltig ausgewirkt. Ihm war wichtig, dass Boeing "wie ein Business läuft anstatt als tolle Technikfirma." Seit seinem Amtsantritt als Boeing-President 1997 hat die Firma mehr als 60 Milliarden US-Dollar für den Kauf eigener Aktien ausgegeben. Das stützt den Aktienkurs, was dem Management sicher nicht schadet; doch fehlt das Geld dann an anderer Stelle, etwa bei der Qualitätssicherung, der Entwicklung einer neuen Generation von Flugzeugen und der Entlohnung der Mitarbeiter. Seit August ist Robert "Kelly" Ortberg neuer Boeing-Chef. (ds)