Anreize für Elektroautos: Für E-Autos fehlen in Deutschland die steuerlichen Anreize
Elektroautos haben in Deutschland weiterhin einen schweren Stand. Die Neuzulassungszahlen lagen 2024 unter dem europäischen Durchschnitt. Ein Grund dafür ist laut einer neuen Auswertung der Umweltorganisation Transport & Environment das deutsche Steuersystem. Hierzulande gebe es sowohl für Privatleute als auch für Unternehmen und ihre Angestellten zu wenig Anreize, ein E-Auto zu wählen. Andere europäische Länder seien fortschrittlicher. In Frankreich zum Beispiel – ebenfalls ein Land mit eigener Autoindustrie – würden Unternehmen für einen benzinbetriebenen Kompakt-SUV über vier Jahre gut 24.000 Euro mehr Steuern zahlen als für ein vergleichbares Elektroauto, in Deutschland nur knapp 9.000 Euro. Europaweit ist Dänemark mit einem Steuerunterschied von mehr als 43.000 Euro führend. Transport & Environment kritisiert unter anderem, dass Arbeitgeber in Deutschland keine Steuern dafür zahlen müssten, dass sie ihren Angestellten Dienstwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung stellen. Außer auf Deutschland treffe das nur auf zwei der 31 untersuchten Länder zu. Hierzulande sei es daher für Unternehmen attraktiv, ihren Mitarbeitern statt eines höheren Gehalts einen Dienstwagen zu geben. So ließen sich teilweise außerdem Sozialversicherungsbeiträge sparen. Und Kosten wie Tanken oder Versicherungen seien als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar. Ebenso profitieren Unternehmen, die Autos anschaffen, von Abschreibungen und dem Vorsteuerabzug. Laut der Studie "übersteigen die finanziellen Vorteile, die durch einen fossilen Dienstwagen entstehen, sogar die Steuern, die darauf gezahlt werden müssen". Für Arbeitnehmer sei es zwar lohnend, ein Elektroauto als Dienstwagen zu wählen, da dies geringer besteuert wird. Für Unternehmen fehle jedoch ein Anreiz. Das ist umso relevanter, da in Deutschland zwei von drei Neuzulassungen gewerblich sind, Dienstwagen von heute also den Gebrauchtwagenmarkt von morgen füllen. Firmenwagen sind der Analyse zufolge allerdings tendenziell größere Autos mit einem höheren CO₂-Ausstoß. Bei der Besteuerung besonders großer Dienst-SUVs wie einem BMW X5 steht Deutschland europaweit auf dem letzten Platz. Selbst für so ein emissionsstarkes Auto könnten Unternehmen über vier Jahre Nutzungsdauer 7.000 Euro mehr Steuern sparen als bezahlen. In Frankreich würden Firmen für dasselbe Auto mehr als 140.000 Euro Steuern zahlen. So sei wenig überraschend, dass EU-weit 40 Prozent aller besonders schweren gewerblichen Verbrenner-SUVs in Deutschland zugelassen würden. Frankreich macht es besser Wie eine Besteuerung aussehen könnte, die E-Autos ernsthaft fördert, zeigt der Blick nach Frankreich. Hier müssen Unternehmen der Studie zufolge jährlich Steuern auf Benziner und Hybride zahlen, abhängig vom Schadstoffausstoß. Die deutsche Kfz-Steuer, die ebenfalls jährlich zu zahlen ist, hat zwar auch eine CO₂-Komponente – diese falle aber kaum ins Gewicht, bemängelt Transport & Environment. Außerdem müssten französische Firmen den Elektroanteil ihrer Flotte jährlich steigern – oder Strafe zahlen. In Frankreich war der Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen 2024 größer als in Deutschland. Zwar liegt der E-Anteil unter den Dienstwagen Transport & Environment zufolge leicht unter dem deutschen. Doch viele der Gesetze seien erst seit Kurzem in Kraft und würden ihre Wirkung noch entfalten. Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß von Verbrennern liege bereits deutlich unter dem deutschen. In Frankreich gilt beim Kauf sogar ein Bonus-Malus-System. Das bedeutet, dass schwere Autos mit hohem Verbrauch mit einem Aufpreis versehen werden, sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden. Bis zu 70.000 Euro Aufschlag sind möglich. Das finanziert gleichzeitig einen Rabatt für E-Autos. In Deutschland fällt dagegen keine Neuzulassungssteuer an – weder bei Dienstwagen noch bei privaten Autokäufern. Transport & Environment zufolge wird eine solche Steuer in 23 der untersuchten 31 Länder erhoben. Sie gilt in der Regel sowohl für Firmen als auch für Privatkunden. Letztere sparen der Auswertung zufolge in Deutschland über zehn Jahre Nutzungsdauer nur gut 1.500 Euro an Steuern, wenn sie sich für ein E-Auto entscheiden. In Frankreich sind es gut 6.000 Euro, in Dänemark gut 44.000 Euro. Eine Reform der Kfz-Besteuerung oder der Dienstwagenregeln sucht man im Koalitionsvertrag (PDF) der kommenden Bundesregierung vergebens. Sie verspricht zwar Kaufanreize für E-Autos, wird aber nicht konkreter. Elektrische Dienstwagen sollen künftig bis 100.000 Euro Steuervorteile bringen. Alle E-Autos sollen bis 2035 von der Kfz-Steuer befreit bleiben. Aber auch Hybride, die wegen ihrer schlechten Umweltbilanz in der Kritik stehen, sollen weiter gefördert werden. Gesetzliche Quoten für Elektroautos schließt die Bundesregierung im Koalitionsvertrag aus. Bezeichnenderweise stehen die Vorhaben rund ums E-Auto nicht im Kapitel Klima, sondern im Kapitel Wirtschaft. Ziel der neuen Bundesregierung ist es offensichtlich in erster Linie, dass wieder mehr Autos verkauft werden – egal mit welchem Antrieb.