Außenminister Wadephul: Größer könnte der Unterschied zu Baerbock kaum sein

Ein zäher und etwas unscheinbarer Teamplayer: Mit Johann Wadephul (CDU) wird ein Politiker Außenminister, der wenig mit Annalena Baerbock gemein hat. Der Reserve-Offizier dürfte einen weniger polarisierenden Kurs fahren als die Grüne mit ihrer feministischen Außenpolitik. Anzeige Als Johann Wadephul vor inzwischen fast 17 Jahren einigermaßen überraschend seinen Entschluss bekannt gab, vom Stuhl eines ambitionierten CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Schleswig-Holstein auf den eines einfachen Bundestagsabgeordneten zu wechseln, war von der Außenpolitik als künftigem Betätigungsfeld nicht die Rede. Zwei Fachbereiche seien für ihn von Interesse, bekundete der heute 62-jährige Fachanwalt für Medizin- und Sozialrecht sowie Oberstleutnant der Reserve damals: Arbeitsmarkt- und Verteidigungspolitik. Er wolle mit dem Wechsel nach Berlin seinen „Horizont erweitern“, erklärte Wadephul damals seinen abrupt vorgetragenen Wechselwunsch. Anzeige Vilnius, Juni 2023: Reservist Wadephul (2. v. l.) nimmt an der Nato-Übung „Griffin Storm“ in Litauen teil Quelle : picture alliance/dpa/Kay Nietfeld Nicht jeder Kieler Christdemokrat nahm ihm diese Erklärung ab. Manch einer äußerte vielmehr die Vermutung, der wechselwillige Wadephul werde die Bundestagskandidatur nutzen, um der damals noch stark von interner Missgunst geprägten Nord-Union endgültig zu entfliehen. Als schleswig-holsteinischer Landesparteichef hatte Wadephul bereits im Jahr 2002, nach gerade einmal zwei Amtsjahren, aufgegeben. In Berlin, als seit 2009 ständiger Abgeordneter des Bundestagswahlkreises Rendsburg-Eckernförde, bewies der verheiratete Vater dreier erwachsener Kinder dann deutlich mehr Stehvermögen und Anschlussfähigkeit. Im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union und als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sammelte Wadephul erste außenpolitische Erfahrungen. Nach der Bundestagswahl 2013 wurde er Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag für die Länder des Nahen und Mittleren Ostens. 2017 dann der kleine Aufstieg zum stellvertretenden Fraktionschef der Union, zuständig für Auswärtiges und Verteidigung. Besonders auffällig trat er in diesen letzten Merkel-Jahren dennoch nicht in Erscheinung. Anzeige Mit Merz kann er ebenso wie mit Günther Kein Glanz, sondern parlamentarische Kärrner-Arbeit prägte die bundespolitische Karriere des gebürtigen Nordfriesen – der Unterschied zwischen Johann Wadephul und seiner Vorgängerin, Annalena Baerbock von den Grünen, könnte kaum größer sein. Wadephul ist ein Teamplayer, kein Solist; immer loyal, manchmal fast zu unscheinbar für einen, der in den kommenden vier Jahren Staat machen soll für Deutschland. Besuch in der demilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea, April 2023: Wadephul und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Quelle : picture alliance/dpa/Soeren Stache In der Partei jedenfalls, die ihm in seinen Kieler Jahren auch viel Skepsis entgegengebracht hat, ist der neue Außenminister ebenfalls anerkannt. Mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der seinen Wohnsitz in Wadephuls Wahlkreis hat, ist der künftige Chefdiplomat ebenso verbunden wie mit CDU-Chef Friedrich Merz. Das ist angesichts der stets gepflegten Unterschiedlichkeit der beiden alles andere als selbstverständlich. Lesen Sie auch Weltplus Artikel Daniel Günther „Merz hat die Chance, ein großer Kanzler zu werden“ Vermittlungsfähigkeit, anderen zuhören und auf andere zugehen können, das sind die Stärken eines Politikers, dem die große Rede, das große Wort eher nicht gegeben ist. Über ein ausreichendes Maß an Bodenständigkeit verfügt Wadephul. Jetzt muss er beweisen, dass er auch 17 Jahre nach seinem Wechsel nach Berlin noch ausreichend Energie, Durchsetzungsvermögen und Neugier aufbringt, um noch einmal neue Horizonte zu erkunden. Und die Bürger von sich und seiner Vorstellung einer etwas stilleren, aber dafür vielleicht auch etwas effizienteren und weniger polarisierenden Form der Außenpolitik zu überzeugen.