Meinung Parlamentswahl in Kanada – Kanadier zeigen Donald Trump, was sie von ihm halten Der liberale Premier Mark Carney gewinnt die Wahl. Kanada bleibt damit ein Verbündeter gegen den Imperialismus des US-Präsidenten. Kommentar von Peter Burghardt Premier Mark Carney hat gezeigt, wie man auf Donald Trumps Ansinnen reagieren kann. Foto: Frank Gunn (The Canadian Press via AP) Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren. Abo abschliessenLogin BotTalk Wieso in aller Welt sollte sich das in seiner Fläche zweitgrösste Land der Erde den USA anschliessen? Diese Forderung von US-Präsident Donald Trump ist nicht einmal ein origineller Gag, laut Umfragen lehnen selbst die meisten Republikaner derlei Ansinnen ab. Und auch die Kanadierinnen und Kanadier haben dem US-Präsidenten mit ihrer Parlamentswahl nun sehr deutlich gezeigt, was sie davon halten. Einen besseren Wahlhelfer als Trump jedenfalls hätte Premier Mark Carney kaum finden können. Unter anderen Umständen hätte höchstwahrscheinlich der konservative Pierre Poilievre gewonnen. Der klang mit seinen Attacken auf alles Linke erst ein wenig wie Trump, und viele Landsleute wollten einen Machtwechsel, enttäuscht von den Liberalen und ihrem zurückgetretenen Regierungschef Justin Trudeau. Aber seit der Mann im Weissen Haus mit Imperialismus und Handelskrieg daherkommt, sind Carney und die Liberal Party das erfolgreiche Gegenmodell. Erinnerung an Thatcher und die Falklandinseln Eine solche Wende rückwärts in so kurzer Zeit hat es noch selten gegeben. Carney lag vor wenigen Wochen weit zurück und gewann jetzt diese Abstimmung, sein Rivale Poilievre verlor sogar seinen Sitz im Parlament. Es ist ein Lehrstück, das auf friedliche Weise an den fast vergessenen Krieg um die Falklandinseln alias Islas Malvinas erinnert. Damals besetzte das argentinische Regime über Nacht die zu Grossbritannien gehörenden Inseln im Südpazifik – die britische Ministerpräsidentin Margaret Thatcher schickte die Marine, es entwickelte sich eine fürchterliche Schlacht. Die vorher unpopuläre Thatcher war nach dem Sieg ihrer Truppen wieder höchst beliebt. Um Kanada wird glücklicherweise nur demokratisch gekämpft, doch auch dort ist durch Druck von aussen ein beachtlicher Nationalismus gewachsen. Vielleicht sind die Kanadierinnen und Kanadier noch nie so zusammengestanden. Dass vor allem Carney diesen Patriotismus mitentfacht und die Stimmung genutzt hat, ist ihm nicht vorzuwerfen. Im Gegenteil, die kanadische Führung hat vorbildlich auf Trumps Unsinn reagiert. Andere dürfen sich ein Beispiel nehmen. Das Land wehrt sich Natürlich verhandelt auch Kanada wegen Trumps Strafzöllen mit den Amerikanern, aber Ottawa hat Washington die Grenze aufgezeigt. In diesem Fall im Wortsinn, denn anders als der US-Präsident und ein paar seiner Getreuen will fast niemand die Landesgrenze verschieben. Kanada ist bei Trumps Grossmachtgehabe nicht eingeknickt, sondern hat mit Gegenzöllen gekontert und boykottiert mit angemessenem Trotz einige US-amerikanische Produkte. Die USA werden dennoch bis auf weiteres der mit Abstand wichtigste Handelspartner bleiben. Gemeinsam mit dem ebenfalls von Trump gegängelten Mexiko bilden die drei Nationen ja seit gut drei Jahrzehnten einen gemeinsamen Wirtschaftsraum. Doch Trumps Streitsucht hat auch zur Folge, dass sich Kanada verstärkt anderen Kunden und Verkäufern zuwendet. All das ist der Trump-Effekt, der ansatzweise so ähnlich auch in Grönland zu beobachten ist und auf dem europäischen Festland. Der Egomane im Oval Office hat eine Gegenbewegung aktiviert, weil viele Länder merken, dass auf die Weltmacht kein Verlass mehr ist. Das weiterhin liberale Kanada wird bei den G7-Staaten eine Stimme des Widerstands gegen Trumps Fantasien bleiben. Newsletter Der Sonntag Das Sonntags-Team liefert die besten Lesestücke der Woche und exklusive Blicke hinter die Kulissen. Weitere Newsletter Einloggen Peter Burghardt berichtet seit September 2022 als Korrespondent aus den USA. Mehr Infos Fehler gefunden?Jetzt melden.