Die Welt der internationalen Spitzentorhüter ist eine kleine. Nach dem Spiel klatschen sich die Schlussmänner ab, diskutieren ein paar Szenen und gehen dann getrennter Wege. Sie kennen sich – auch, weil sie das gleiche Schicksal teilen. In einer Mannschaft von elf Spielern ist jede Position umkämpft, doch nur auf einer wird fast nie gewechselt: der hintersten, der zwischen den Pfosten. Ob sich Kevin Trapp, Torhüter und Kapitän der Frankfurter Eintracht, schon einmal mit seinen langjährigen Kollegen Wojciech Szczęsny und Claudio Bravo ausgetauscht hat, ist nicht bekannt. Gut möglich, dass ihm die beiden mal über den Weg gelaufen sind, als Trapp noch für Paris spielte. Heute jedenfalls hätten die drei ein schönes Thema für einen Plausch: Wie geht man um mit einem jungen, talentierten, brasilianischen Torhüter, der darauf drängt, den eigenen Posten einzunehmen? In der Saison 2016/17 spielte Szczęsny bei der AS Rom, als der Klub einen gewissen Alisson Ramses Becker verpflichtete. Ein Jahr lang geduldete sich der Brasilianer, aus Porto Alegre gekommen, auf der Bank. Dann machte Szczęsny Platz und wechselte zu Juventus. Dort spielte er anstelle von Gianluigi Buffon, was den Polen ein paar Jahre später dazu veranlasste, laut nachzudenken: Wenn der beste Torhüter aller Zeiten (Buffon) und der beste der Gegenwart (Becker) mir von der Bank aus zuschauen durften – bin nicht eigentlich ich dann der Beste? Becker hatte da gerade unter Trainer Jürgen Klopp mit Liverpool die Champions League gewonnen. Die Torwartfrage von Frankfurt ist nicht vergleichbar Beinahe zeitgleich zögerte die erfahrene Nummer Eins von Manchester City oft. Trainer Pep Guardiola machte kurzen Prozess und setzte den Chilenen Claudio Bravo auf die Bank. An dessen Stelle hütete nun der Brasilianer Ederson das Tor, den City für 40 Millionen Euro von Benfica Lissabon verpflichtet hatte. Und nicht nur das, Ederson spielte auch einen öffnenden Pass nach dem nächsten, City sammelte 100 Punkte und gewann die Meisterschaft. Die besten Torhüter in diesem Jahr waren zwei junge Brasilianer, Ederson und Alisson. Die Torwartfrage von Frankfurt, anno 2025, ist nicht gänzlich anders als Rom 2016 oder Manchester 2017. Vielleicht sogar noch ein bisschen komplizierter. Der Stammtorhüter ist zusätzlich Kapitän, er rettete der Eintracht vor knapp drei Jahren mit einer herausragenden Parade den Europapokal und ist seit Jahren Aushängeschild des Vereins, auch international. Aber all das scheint in der Gegenwart nicht mehr so viel wert, seit Kauã Santos, der nächste brasilianische Torhüter, durch den Strafraum fliegt. Als er die Eintracht im Winter gegen Pilsen und Mainz Punkte kostete, hieß es rund um den Klub: Zum Glück ist der Stabilisator Trapp wieder da. Santos sollte erst einmal wieder zurückrücken, in Ruhe aus seinen Fehlern lernen. Dann verletzte sich Trapp am Schienbein. Und Santos sicherte der Eintracht mehrmals Punkte. Gegen Bremen wird Santos spielen Was also nun, Dino Toppmöller? Der Eintracht-Trainer verzichtete am Donnerstag darauf, eine mittelfristige Entscheidung zu treffen. Am Samstag in Bremen (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-Bundesliga und bei Sky) wird abermals Santos spielen, obwohl Trapp wieder trainierte. „Für uns macht es nur Sinn, wenn er bei 100 Prozent ist. Und diese 100 Prozent kann er mir im Moment nicht geben“, sagte Toppmöller über Trapp. Der Torwart nahm in dieser Woche einmal am Training teil, musste jedoch zeitweise aussetzen. Zu hoch scheint Toppmöller in der entscheidenden Phase der Saison das Risiko, auf einen angeschlagenen Schlussmann zu setzen. Auffällig ist jedoch, dass von Parade zu Parade die Vehemenz in Toppmöllers Aussagen schwindet. Zu Beginn von Trapps Verletzung sagte der Trainer sinngemäß: Wenn er wieder spielen kann, spielt er. Dann hielt Santos in Bochum stark – und Toppmöller wollte nicht über „Spekulationen oder Szenarien“ sprechen. Am Donnerstag nun sagte er: „Im Moment stellt sich die Frage nicht, ob ich mich entschieden habe, für wen auch immer als Nummer eins.“ Die Frage stellt sich nicht, weil Trapp nicht spielen kann, sagt der Trainer. Sein Torwart habe im kleinen Feld keine Probleme gehabt, dann aber Schmerzen im Schienbein verspürt, als über den großen Platz lange Bälle schlagen musste. „Es ist unfassbar schwer, das zu greifen“, sagte Toppmöller. Für ihn sei es auch nicht befriedigend – „ich kann ehrlicherweise gar keine Richtung vorgeben“, antwortete der Trainer auf die Frage, wann denn wieder mit Trapp zu rechnen sei. Die Entscheidung wird vertagt Seit knapp drei Wochen fällt der Torhüter aus, Toppmöller will nun gemeinsam mit dem Ärzteteam einen Plan ausarbeiten, wann Trapp zurückkehrt. Erst einmal scheint der Zeitpunkt der Rückkehr ungewisser als noch vor ein paar Wochen, als es hieß: nach der Länderspielpause.