Die 4. Staffel der Netflix-Serie „How To Sell Drugs Online (Fast)“

Der Gymnasiast Moritz Zimmermann aus Rinteln war in seiner Mischung aus Schüchternheit und Genialität ein eigenwilliger Typ. Drei Staffeln lang führte er den europaweit agierenden Darknet-Shop „My Drugs“ – wegen Lisa, die Moritz vom Schönling Daniel abzubringen erhoffte. Und auch wegen Steve Jobs und ähnlichen Großspur-Entrepreneurs. Ihnen eiferte der Nerd verbissen nach, was sich insbesondere in seinem endlosen Business-Sprech niederschlug. Überhaupt war „How To Sell Drugs Online (Fast)“ ein Generationskommentar mit Pep. So selbstverständlich wie hier floss die digitale Kommunikation zuvor eigentlich nur in der BBC-Serie „Sherlock“ begleitend über die Bilder. Scharf geschnitten, elegant gefilmt, pointiert formuliert – all das war die böse Coming-of-Age-Comedy-Serie noch obendrein. Das Tüpfelchen auf dem i war der Kniff, Moritz in der kurzen Rahmenhandlung zum Erzähler seiner eigenen Netflix-Doku werden zu lassen. Selbst der Auftraggeber der Serie (Idee: Philipp Käßbohrer und Matthias Murmann, Regie führte vor allem Arne Feldhusen) bekam auf diesem Weg etwas Fett ab. Eine richtige Doku über den echten Kinderzimmer-Dealer „Shiny Flakes“ aus Leipzig, der die Serie inspirierte, erschien dann zwei Jahre später. Externer Inhalt von Youtube Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen . Externe Inhalte aktivieren Zur Veröffentlichung der vierten Staffel von „How To Sell Drugs Online (Fast)“ muss man an diese Qualitäten erinnern. Weil wenig nach einer Fortsetzung schrie. Mit der Verhaftung von Moritz (Maximilian Mundt) fand die Geschichte in der dritten Staffel ein vortreffliches Ende, und eine tolle Auskopplung, den Spielfilm „Buba“ um den gleichnamigen Bösewicht (Bjarne Mädel) aus Staffel eins, gab es im Anschluss dazu. Was soll da nun noch kommen? Nicht viel, lautet die ernüchternde Antwort. Das Serienfinale malt sich nur noch aus, wie es Moritz nach seinen vier Knastjahren ergeht. Erzählt wird, wie er hinter Gittern dem Gangsta-Bruder Ersan begegnet (Leonidas Emre Pakkan) und nach der Entlassung, möglichst ohne Ersan, ein neues und diesmal legales Unternehmen aufbauen will. Doch zähneknirschend muss Moritz bemerken: Lenny (Danilo Kamperidis) und Dan (Damian Hardung) haben aus der alten Idee „Bonus Life“ (Nahrungsergänzungsmittel für Gamer) in der Zwischenzeit ein florierendes Start-up gemacht. Das bedeutet Ruhm für die Dumpfbacke Dan und familientaugliche Arbeitsbedingungen für Lenny, der mit Kira (Lena Urzendowsky) ein Baby bekam und sein Leben ohne Rollstuhl zu genießen versucht. Und nun platzt der Nerd vor Neid. Moritz setzt alles daran, den Laden zu kapern, und so wie er einst Lisa (Lena Klenke) aus Dans Bannkreis zu lösen erhoffte, sehnt er sich nun nach der Nähe zu seinem Kindheitsfreund Lenny. Ein großes Stück über Freundschaften, wie man sie nur einmal im Leben geschenkt bekommt, kündigt sich an. In den Jahren seit der letzten Staffel verflog aber leider die Chemie zwischen den Hauptdarstellern Mundt, Kamperidis und Hardung. Das Problem: Sie sind ihren Rollen entwachsen und finden in die neuen, erwachsenen, nicht wirklich hinein. Und auch die Inszenierung ist nicht mehr so straff wie dereinst. Klar gelingt hier und da noch ein Gag wie ehedem: Es geht um Eisschlecken und Bienenzucht, um Popel und Pizza, Tiefkühlkost von „Brofrost“, Videopodcasts der Polizei und Romcom-Träume mit blonder Perücke. So hält man es mit dem neuen Bösewicht der Serie, Behzat (Hasan Ali Mete). Er ist ein großer Freund von Emojis: „Worte können missverständlich sein, Emojis sind klar: Eine Gurke ist eine Gurke“, sagt er. Der alte Zauber ist verflogen. Das hier ist nur noch der Abspann.