0:4 beim FC Barcelona: Das sind die Gründe für das Dortmunder Debakel

Die Ruhe, mit der Niko Kovač die Unvollkommenheit seiner Mannschaft schluckt, ist schon seit Wochen bewundernswert. Wie ein Großmeister der Selbstbeherrschung erträgt der Trainer von Borussia Dortmund Niederlagen und Rückschläge, in deren Angesicht mancher Kollege verzweifeln würde. Auch die krachende 0:4-Niederlage in Barcelona erklärte er im Sound eines weisen Mannes, sogar etwas Zuversicht für das aussichtslos erscheinende Rückspiel, das am kommenden Dienstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei Prime Video) in Dortmund stattfindet, verbreitete er. „Einen Funken Hoffnung hat jeder, weil ohne diesen Funken würde es keinen Sinn machen“, sagte Kovač, nachdem das globale Publikum eindrücklich zu sehen bekommen hatte, dass der BVB in seinem derzeitigen Zustand wenig zu suchen hat unter den besten acht Teams der Champions League. Katastrophale Fehler der Dortmunder „Wir haben auf diesem Niveau zu viele Fehler gemacht, die Barcelona mit ihrer Qualität bestraft hat“, erklärte Kovač, der die Dinge bekanntlich einfach halten möchte. Genauso klingen seine Analysen, obgleich die Probleme, die in seinem Kader stecken, ziemlich kompliziert sind. Weil so viel Potential da ist, das aber einfach nie dauerhaft zur Entfaltung kommt. Und weil unklar ist, ob die Schwankungen und Aussetzer eine Frage der Einzelspielerqualität sind oder ein Problem des Gefüges. Mal spielt die Mannschaft gut, mal spielt sie schlecht, selbst während dieser katalanischen Demontage gab es starke Phasen und Momente. Entschieden wurde das Spiel aber durch katastrophale Fehler. Externer Inhalt von Youtube Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen . Externe Inhalte aktivieren Das erste Gegentor fiel, weil Karim Adeyemi im Verlauf eines Zweikampfes, in dem er eigentlich selbst am Ball war, seinen Gegenspieler Jules Koundé kurz an dessen Rastazöpfen nach hinten zog, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Der folgende Freistoß, der sagenhaft überflüssig war, führte zu Raphinhas 1:0 (25. Minute). Vor dem zweiten Treffer (Robert Lewandowski, 48.) und vor dem 4:0 (Lamine Yamal, 77.) waren die Füße von Julian Brandt im Spiel. Vor dem 3:0 durch Lewandowski (66.) war das Positionsspiel der linken Flügelspieler schwach. Mit mehr Klarheit und einer deutlicheren Schwerpunktsetzung auf der Vermeidung unnötiger Fehler wäre auch in diesen Situationen kaum Gefahr entstanden. Das seien „Kleinigkeiten, die auf diesem hohen Niveau ganz klar bestraft werden“, sagte Kovač. Großmeister der Selbstbeherrschung: Dortmund-Trainer Niko Kovac dpa Wie unter einer Lupe war zu sehen, wo die Fehlkonstruktion beim BVB der Gegenwart liegt: Das Talent ist vorhanden, aber der mittlerweile 28 Jahre alte Brandt reift einfach nicht in einen Zustand hinein, der ihn in solchen Spielen vor naiven Fehlern bewahrt. Selbst dem insgesamt starken Emre Can unterlief ein schlimmer Abspielfehler am eigenen Strafraum, Serhou Guirassy, der zu den besten Stürmern dieser Champions-League-Saison zählt, ließ seine beiden großen Möglichkeiten ungenutzt. „Es wäre mehr möglich gewesen, selbst an so einem Tag, an dem wir kein Topspiel gemacht haben“, sagte Gregor Kobel. Immer wieder zeigte sich eine gewisse Substanz, so wie in den 20 Minuten vor der Halbzeit, als die Mannschaft mehrere gute Spielzüge hinbekam und Torchancen hatte. Ein, zwei eigene Treffer waren möglich an diesem Abend, und wenn es den Dortmundern gelungen wäre, nicht ganz so viele einfache Fehler beim Verteidigen zu machen, dann hätte dieses Spiel auch eine 1:3-Niederlage hergegeben, die als gute Ausgangslage fürs Rückspiel hätte gelten können. Aber diese Art der Konjunktive verzerrt die Realität, in der ganz andere Erzählstränge dominieren. Zum Beispiel die Geschichte von einer unfertigen und irgendwie zerrütteten Mannschaft, die vor allen Dingen emotional unterlegen war gegen die Spaßkicker aus Barcelona, deren Stars nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Überzeugung beim Verteidigen helfen. Und die in der Offensive einfach brillant waren. „Die Mentalität ist der Hammer, wirklich. So in der Form, in der Qualität habe ich das noch nicht gesehen“, sagte Trainer Hansi Flick über seine Mannschaft. „Die glauben einfach an sich und sind voller Selbstvertrauen.“ Externer Inhalt von Eurosport Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen . Externe Inhalte aktivieren Die Dortmunder spielten hingegen mit den Außenstürmern Jamie Gittens und Adeyemi, über die Kovač sagte: „Ich glaube, dass schon der eine oder andere denkt: Wenn ich den einen oder anderen Weg nach hinten spare, dann kann ich den nach vorne nutzen.“ Als Außenseiter auswärts beim FC Barcelona zu spielen und zu glauben, beim Verteidigen gegen das Trio Yamal, Lewandowski und Raphinha Kräfte sparen zu können, deutet darauf hin, dass manche Spieler beim Tabellenachten der Bundesliga in einer Parallelwelt leben. „Zu soft und nicht geschlossen genug“ habe der BVB verteidigt, sagte Can, „es hat zu wenig geknallt“.