Ein neues Stadtquartier zu planen, dauert viele Jahre. Da kann es schon mal passieren, dass sich im Lauf der Zeit die Anforderungen ändern. So war es auch beim ehemaligen Siemens-Areal am Westbahnhof, das heute unter dem Namen Schönhof-Viertel bekannt ist. Kurz vor Fertigstellung des Bebauungsplans für rund 2000 Wohnungen habe das Stadtschulamt festgestellt, dass man noch eine Grundschule benötige, erinnert sich Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), der damals als Planungsdezernent für das Projekt zuständig war. Doch die Flächen waren längst für Wohnhäuser und Parks verplant, die Wohnungsbaugesellschaften Nassauische Heimstätte/Wohnstadt und Instone hatten die Grundstücke bereits erworben. Was also tun? Josef und der heutige Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD) erinnerten sich an eine Reise nach Wien, wo sie erlebten, dass eine öffentliche Grünfläche in einem Wohngebiet mit dem Gongschlag zum Pausenhof einer Schule wurde. So etwas wollte man in Frankfurt auch versuchen – die Idee der Hybridschule wurde geboren. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht“, sagte Josef. Die Grundstücke würden jetzt viel effizienter genutzt. Der Innenhof des Wohnblocks wird als Pausenhof für die Grundschüler genutzt. Visualisierung A+R Architekten Nach weiteren Jahren der Planung wurde am Gründonnerstag der Grundstein für das Bauvorhaben der Wohnungsbaugesellschaft Nassauische Heimstätte/Wohnstadt (NHW) gelegt. Über der für 500 Schüler ausgelegten Schule entstehen 134 Mietwohnungen, 123 davon öffentlich gefördert. „Wir haben damit ein Alleinstellungsmerkmal“, sagte NHW-Geschäftsführer Thomas Hain. Er könne sich vorstellen, dass das Konzept Schule macht. Und auch Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) zeigte sich angetan: „Hier entsteht etwas sehr Innovatives.“ 2027 soll das Gebäude fertig sein, die Stadt wird die Schule für zunächst 20 Jahre mieten und betreiben. Hain rechnet damit, dass es zu einem „störungsfreien Miteinander von Lernen und Wohnen“ kommt. Turnhalle wird tief eingegraben Erst einmal ist zwischen dem zentralen Quartiersplatz, an dem bereits ein Supermarkt und ein Bäcker eröffnet haben, und den in Richtung Rödelheim führenden S-Bahn-Gleisen eine riesige Baugrube entstanden. In ihr verschwinden nicht nur zwei Geschosse Tiefgarage. Auch die Sporthalle der Schule muss aus Platzgründen in die Tiefe gebaut werden. Für die Planer des Stuttgarter Büros A+R Architekten war nicht nur das eine Herausforderung. Sie mussten Lösungen finden, wie sich zwei unterschiedliche Nutzungen so übereinander stapeln lassen, dass alles zueinander passt. „Wir können ja nicht eine Abwasserleitung mitten durch ein Klassenzimmer legen“, erläuterte Oliver Braun, Partner bei A+R, die Probleme. Auch für die Statik sind besondere Konstruktionen nötig, da die Lernräume weniger Wände haben als die darüber liegenden Wohnungen. An der Baugrube der Hybridschule: Oberbürgermeister Mike Josef und Planungsdezernent Marcus Gwechenberger blicken auf das Schönhof-Viertel. Lucas Bäuml In den Pausen sollen sich die Schüler im Innenhof aufhalten, der dafür aber nicht groß genug ist. Deshalb gibt es in dem Gebäudeblock einen großen Durchgang, durch den die Schüler in Begleitung von Lehrkräften auch in den öffentlichen Park gehen können. Die Arbeiten an der 28.000 Quadratmeter großen Grünanlage haben vor kurzem begonnen und sollen in einem Jahr abgeschlossen sein. Das Schönhof-Viertel sei derzeit „die größte Baustelle Hessens“, sagte Mansoori. Bis 2029 entstehen auf 12,5 Hektar Fläche mehr als 2000 Wohnungen. Rund 6000 Menschen werden dort einmal leben. 1300 Wohnungen entfallen auf die NHW, mehr als die Hälfte davon sind geförderte Mietwohnungen. Um diese zu ermöglichen, stellen Land und Stadt jeweils mehr als elf Millionen Euro an Zuschüssen und vergünstigten Krediten zur Verfügung. Die Sozialmieten beginnen derzeit noch bei fünf Euro je Quadratmeter. Nach den neuen Förderrichtlinien der Stadt steigt dieser Betrag künftig auf 6,50 Euro. Wer keinen Anspruch auf eine geförderte Wohnung hat, muss etwas mehr bezahlen. In einem Wohnblock schräg gegenüber der künftigen Schule bietet die NHW 66 frei finanzierte Mietwohnungen für monatlich 15,29 Euro plus 3,50 Euro Nebenkosten je Quadratmeter an. Bezugsfertig sind diese Wohnungen am 1. September. Über der Schule werden die ersten Mieter voraussichtlich Mitte 2027 in die bis zu 102 Quadratmeter großen Wohnungen einziehen.