Rheinmetalls Artillerieherstellung: Neues Werk in Deutschland

Rheinmetalls Artillerieherstellung: Neues Werk in Deutschland Von: Marcel Reich Drucken Teilen Rheinmetall prognostiziert ein gewaltiges Bestellvolumen in den nächsten Jahren. Der Konzern hat vor, seine Fertigungskapazitäten in Deutschland massiv zu vergrößern. Hamm – Rheinmetall wird seine Produktionskapazitäten für Artilleriegeschosse am Standort Unterlüß in Niedersachsen deutlich erhöhen. Statt der ursprünglich geplanten 200.000 Geschosse sollen künftig bis zu 350.000 Artilleriegranaten jährlich gefertigt werden können. Dies gab Konzernchef Armin Papperger in einem Interview mit dem Handelsblatt bekannt. Rheinmetall: Massive Investitionen in Produktionsstandorte „Statt 200.000 Geschosse werden wir in der Lage sein, dort bis zu 350.000 Artilleriegeschosse zu fertigen. Dafür haben wir in Summe rund 600 Millionen Euro am Standort investiert“, erklärte der Rheinmetall-CEO. Damit werde Unterlüß zum zweitgrößten Artilleriewerk Europas – nur übertroffen von einem Werk in Spanien, wo künftig 450.000 Granaten jährlich produziert werden sollen. Nach Angaben des Rheinmetall-Chefs Armin Papperger benötigt die Ukraine in Friedenszeiten etwa 1,5 Millionen Schuss Artilleriemunition pro Jahr. © Rolf Vennenbernd/dpa Die Expansion in Unterlüß ist Teil einer umfassenden Wachstumsstrategie des Rüstungskonzerns. „Wo haben Sie jemals gesehen, dass man in zwölf Monaten ein Werk für eine halbe Milliarde Euro aus dem Boden stampft?“, fragte Papperger rhetorisch im Interview. Rheinmetall mit Rekordwachstum Rheinmetall blickt auf ein äußerst erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 zurück. Mit einem Konzernumsatz von 9,75 Milliarden Euro konnte das Unternehmen eine Steigerung von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Besonders beeindruckend entwickelte sich das operative Konzernergebnis, das um 61 Prozent auf den Rekordwert von 1,48 Milliarden Euro kletterte. Die operative Marge im Konzern stieg auf 15,2 Prozent, wobei das Verteidigungsgeschäft, das mittlerweile rund 80 Prozent des Konzernumsatzes ausmacht, sogar eine Marge von 19 Prozent erreichte. Der Auftragsbestand (Rheinmetall Backlog) wuchs auf den neuen Höchstwert von 55 Milliarden Euro, was die langfristige Auslastung der Produktionskapazitäten sichert. Für das Geschäftsjahr 2025 prognostiziert Rheinmetall ein weiteres deutliches Umsatzwachstum von 25 bis 30 Prozent, wobei im militärischen Geschäft sogar ein Anstieg von 35 bis 40 Prozent erwartet wird. Die operative Ergebnisrendite soll auf rund 15,5 Prozent steigen. Rheinmetall profitiert – Rekordaufträge für Rüstungsindustrie erwartet Der Dax-Konzern rechnet mit einem enormen Auftragsvolumen in den kommenden Jahren. „Wir sehen bis 2030 ein Auftragspotenzial von bis zu 300 Milliarden Euro“, prognostizierte Papperger. Das Budget für Verteidigungsausgaben in Europa könnte nach seinen Einschätzungen bis 2030 auf eine Billion Euro anwachsen, wovon etwa 50 Prozent in Investitionen fließen würden. Spitzenreiter mit fast 19 Millionen Euro – so viel verdienen die Chefs der DAX-Unternehmen Fotostrecke ansehen Rheinmetall erwartet, davon erheblich zu profitieren: „Weil Bedarf und Budget in Deutschland größer sein werden als in anderen Ländern, rechnen wir mit einem künftigen Anteil von 25 Prozent“, so der Konzernchef. Neben dem Ausbau der Kapazitäten in Deutschland und Spanien treibt Rheinmetall auch die internationale Expansion voran. „In Litauen, Dänemark, Estland und Lettland entstehen neue Produktionsstätten. Wir reden mit Polen und Rumänien. Alle wollen Werke – wir können sie bauen“, betonte Papperger. Auch in den USA will der Konzern seinen Umsatz von derzeit einer Milliarde Dollar mindestens verdoppeln. „Ziel ist, ihn auf zwei bis drei Milliarden zu erhöhen“, erklärte der CEO. Rüstungsindustrie: Artilleriemunition als „Gamechanger“ Besonders interessant: Papperger steht einer möglichen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine skeptisch gegenüber. „Damit verändert man im Krieg nichts, der Taurus ist kein Gamechanger“, sagte der 62-Jährige. „Der Gamechanger ist klassische Artilleriemunition. Nur damit kann die Ukraine den Russen auf Distanz halten.“ Nach Angaben des Rheinmetall-Chefs benötigt die Ukraine in Friedenszeiten etwa 1,5 Millionen Schuss Artilleriemunition pro Jahr. Derzeit kann Rheinmetall etwa 750.000 Schuss herstellen, plant aber, die Produktion auf 1,5 Millionen zu erhöhen. Die Aufrüstung in Europa ist nach Einschätzung Pappergers unumkehrbar, da Rheinmetall fast ausschließlich langfristige Verträge abschließe. „Ein Vertrag, der über zehn Jahre geht, wird nicht gecancelt“, betonte er. Allein mit Deutschland bestehen demnach Rahmenverträge im Volumen von insgesamt 30 Milliarden Euro, die nun in Festverträge umgewandelt werden sollen. Rheinmetall baut zudem gemeinsam mit einem örtlichen Partner ein Artilleriewerk in der Ukraine. Ursprünglich war dort eine jährliche Produktionsmenge von 150.000 Schuss geplant, die nun „deutlich erhöht“ werden soll. Das Werk soll 2026 fertiggestellt sein. Die massive Ausweitung der Produktionskapazitäten unterstreicht die zentrale Rolle, die Rheinmetall in der europäischen Verteidigungsindustrie einnimmt. Mit langfristigen Verträgen und strategischen Investitionen positioniert sich der Konzern als führender Anbieter von Rüstungsgütern in einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen. Die Fokussierung auf Artilleriemunition als „Gamechanger“ zeigt dabei die Ausrichtung des Unternehmens auf die aktuellen Bedürfnisse der Verteidigungspolitik.