Bewohner des Betreuten Wohnens fühlen sich vergessen

Stillstand am Prinzenpark-West: Zwischen Baugruben und Bürokratie Von: Verena Möckl Drucken Teilen Kämpft weiterhin für einen Supermarkt: Günter Hösch vor den Baugruben des Betreuten Wohnens in Karlsfeld westlich der Bahn. Er ist der letzte Verbliebene der Initiative fehlender Nahversorger. © vm Bei den Bewohnern des Betreuten Wohnens gibt es kaum noch Hoffnung auf einen Supermarkt westlich der Bahn in Karlsfeld. Die Kommunalpolitiker schieben die Schuld an der Misere dem Investor zu. Dieser sieht die Gemeinde in der Verantwortung. Ein Dilemma. Ein Jahr ist seit dem Tod von Eckart Moj vergangen. Der Karlsfelder, der im Alter von 82 Jahren starb, setzte sich stark für die Belange in seinem Ort ein. Besonders westlich der Bahn. Auf dem Prinzenpark-West kämpfte er jahrelang für einen Supermarkt. Vergeblich. Um die Initiative fehlender Nahversorger, an deren Spitze Moj stand, ist es seitdem ruhig geworden. Der einst laute Protest der Senioren des Betreuten Wohnens und anderer „alter Neubürger“, wie sich die Gruppe selbst nannte, ist verebbt. „Bei uns macht sich mittlerweile schon Sarkasmus breit. Viele lachen über die Beteiligten“, sagt Günter Hösch. Er ist der letzte Verbliebene der Initiative fehlender Nahversorger. Viele hätten sich bereits mit der desolaten Lage abgefunden, erzählt er. Gegenüber des Betreuten Wohnens, wo eigentlich ein Supermarkt stehen sollte, klafft seit Jahren eine Baugrube. Es ist eine von vieren auf dem Areal. Der Grund, warum nichts vorwärtsgeht: Die Pläne der Bau- und Projektentwicklungsgesellschaft Erl & Streicher oder anderer Grundstücksinteressenten gefallen dem Gemeinderat nicht. Alle Konzepte, die der Investor innerhalb der vergangenen acht Jahre präsentierte, lehnten die Gemeinderäte einstimmig ab. Zuletzt 2024. Verzwickte Sache Das einzige Gebäude, das auf dem Erl-Gelände bislang fertig ist, ist das Betreute Wohnen. Das Problem, warum es auf dem Areal nicht den versprochenen Supermarkt gibt: Zwischen der Gemeinde Karlsfeld und dem Investor, also dem Grundstückseigentümer, gibt es keinen städtebaulichen Vertrag. Auch hat die Gemeinde versäumt, die Nutzung von Einzelhandel in dem Bebauungsplan vorzuschreiben. Diese ist laut Bebauungsplan lediglich zugelassen. Auch für Gewerbebauten gibt es keine Bauverpflichtung. Laut dem Investor findet sich kein Supermarkt-Betreiber, denn dafür brauche es zusätzliche Wohnungen, was die Gemeinde jedoch aufgrund ihrer finanziellen Situation seit Jahren vehement ablehnt. Interessenskonflikt zwischen Gemeinde und Investor Was dem Investor und Grundstückseigentümer auf dem Gelände vorschwebt, sind neben Gewerbeflächen auch eine Pflegeeinrichtung, eine Kindertagesstätte mit Mitarbeiterwohnungen und ein Parkhaus. Dem würde die Gemeinde zwar „nicht grundsätzlich entgegenstehen“, wie eine Sprecherin der Gemeinde mitteilt, „allerdings wäre hierfür eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich, zudem müsste das Vorhaben in das Gesamtkonzept passen“. Dazu, wie ein solches Gesamtkonzept der Gemeinde zufolge aussehen müsste, äußert sich die Gemeinde auf Nachfrage nicht. Stattdessen verweist sie auch weiterhin auf den Bebauungsplan aus dem Jahr 2011, der ein Gewerbegebiet vorsieht. Der Investor sieht das anders. „Wir glauben, dass eine fast 15 Jahre alte und von Nutzungsinteressenten nicht nachgefragte Planung durchaus hinterfragt werden kann“, erklärt Erl-Vorstand Wolfgang Haider. Gefragt sei heute ein Mix aus Handel, Büro, Wohn- und Sozialflächen an. Im Gemeinderat steht man diesen Ideen jedoch kritisch gegenüber. „Die Ansiedlung von steuerzahlenden Gewerbebetrieben und des Nahversorgers haben für uns (und auch für die anderen Gemeinderatsfraktionen) oberste Priorität“, erklärt Baureferent Christian Bieberle (CSU) schriftlich. Seine Fraktion habe für das Grundstück „aber leider noch keine ernsthafte Vermarktung für Gewerbebetriebe vom Investor wahrgenommen“. Die Gemeinde müsse „strategisch vorgehen“, betont Michael Fritsch (Grüne), „denn es geht um die Gemeindefinanzen der nächsten 30 bis 50 Jahre“. Anwohner fühlen sich von der Politik und dem Investor allein gelassen Als „größte und beständigste Einnahmequelle für die Gemeinde“ nannte Bürgermeister Stefan Kolbe auf der Bürgerversammlung im vergangenen Jahr die Lohn- und Einkommensteuer sowie die Zinsabschlagsteuer. Über den neuesten Stand zum Prinzenpark-West verlor er damals kein Wort – sehr zum Frust von Günter Hösch. Der Senior lässt sich davon aber nicht entmutigen. Immer wieder tritt er mit Supermarktbetreibern in Kontakt. Er hofft, dass der Investor bereit ist, das Grundstück für den vorgesehenen Nahversorger zu verkaufen. „Wir können uns grundsätzlich einen Verkauf des Supermarkts-Grundstücks vorstellen“, erklärt Haider. Supermarkt weiterhin in ferner Zukunft Der Investor sei bereits mit Interessenten im Gespräch gewesen. „Die Verhandlungen scheiterten in der Regel aber immer an der bebauungsplanerischen Situation.“ Die Gemeinde kann laut eigener Aussage das Grundstück aktuell nicht erwerben. Wie eine Sprecherin erklärt, müsse sich die Gemeinde „angesichts der angespannten Haushaltslage auf ihre Pflichtausgaben“ beschränken.