Die Kindersendung "Löwenzahn" feiert 45. Geburtstag. Anlässlich des Jubiläums steht das ZDF am 1. Mai im Zeichen des Fernseh-Klassikers. Doch braucht es in unserer digitalen Zeit, in der Kinder ihr Wissen aus Apps und Social Media beziehen, eigentlich noch ein Informations-Format wie dieses? Diese Frage haben wir Moderator Guido Hammesfahr gestellt. Ein Interview Dennis Ebbecke von Anfang der 80er-Jahre ging "Löwenzahn" erstmals auf Sendung. Zunächst prägte der 2016 verstorbene Peter Lustig 25 Jahre lang die TV-Serie, ehe ihm Guido Hammesfahr 2006 nachfolgte. Bis heute vermittelt der 56-Jährige – als Fritz Fuchs mit Hund Keks an seiner Seite – Kindern Wissen rund um Natur, Umwelt und Technik. Das ZDF hat den 1. Mai zum "Löwenzahn"-Tag erklärt – ab 5:30 Uhr werden neun Folgen gezeigt, darunter "Classics" und eine neue Episode. Mehr News über TV-Shows Im Interview mit unserer Redaktion spricht Hammesfahr über den legendären blauen "Löwenzahn"-Bauwagen sowie die Auswirkungen von Tablets und Smartphones auf die Fantasiefähigkeit von Kindern. Zudem verrät er, wie in der Umweltsendung mit dem Thema Klimawandel umgegangen wird. Herr Hammesfahr, ich stelle mir vor, Sie sitzen gerade im blauen Bauwagen mit Keks an Ihrer Seite. Trifft das zu? Guido Hammesfahr: Intergalaktisch bestimmt (lacht). In der Realität befinde ich mich im Moment allerdings in meiner "Dienstwohnung" in Berlin. Im Mai starten wieder die Dreharbeiten für weitere "Löwenzahn"-Folgen. Wie die meisten Menschen lebe auch ich ganz normal zur Miete und nicht in einem Bauwagen. In meiner Freizeit verbringe ich aber so viel Zeit wie möglich auf meinem selbst renovierten Segelboot. "Löwenzahn" - Drehstart: Von links: Dani Paschulke (Gisa Flake), Fritz Fuchs (Guido Hammesfahr), David Paschulke (Daniel Zillmann). © ZDF und Zia Ziarno Sie halten sich also gerne in der Natur auf. Sind Sie Ihrer "Löwenzahn"-Figur Fritz Fuchs dahingehend sehr nah? Absolut. Das Boot ist vergleichbar mit einem Bauwagen – mit dem Unterschied, dass es auf dem Wasser steht. Im Übrigen hat der Bauwagen mehr Komfort. Auf dem Schiff habe ich mich kein warmes Wasser und keine funktionierende Toilette. Ich mag es, mich zu reduzieren und den ganzen Tag draussen zu verbringen. Aus der Perspektive eines fremden Betrachters sehen meine Urlaubsfotos aus den vergangenen 30 Jahren nahezu gleich aus. An Himmel und Meer kann ich mich nicht sattsehen. "Ich muss mich manchmal etwas 'dümmer' geben, als ich in Wirklichkeit bin." Hammesfahr über seine Rolle als Fritz Fuchs. Hammesfahr: "'Löwenzahn'" hat mir die Natur wieder nähergebracht" Haben Sie sich aus diesem Grund vor 20 Jahren für diese Kindersendung entschieden? Eigentlich war es eher umgekehrt. "Löwenzahn" hat mir die Natur wieder nähergebracht. Ich komme ja ganz klassisch vom Theater. Und auch die Fernsehproduktionen, für die ich vor der Kamera stand, wurden meistens im Studio gedreht. Das Tageslicht habe ich in dieser Zeit nur selten gesehen. Jetzt darf ich von Mai bis September jeden Tag draussen im Grünen sein. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Auch wenn das Wetter nicht mitspielt? Tatsächlich ist das hin und wieder ein Thema. Der Sender neigt dazu, so zu kalkulieren, als wären wir eine Studioproduktion. Wir sind aber draussen, müssen daher jederzeit mit Regen, Gewitter oder Nebel rechnen. Das ist natürlich ein Zeitfaktor – wir befinden uns da gerade an der Kante. Über die vergangenen 250 Folgen haben wir das aber ganz gut hinbekommen. Ich bleibe zuversichtlich. Wie gross ist heute die Herausforderung, Kindern das Thema Klimawandel mit dem nötigen Feingefühl zu vermitteln? Wir befinden uns mitten in der Natur und zeigen von dort aus Dinge, die passieren können, ohne dabei zu pessimistisch zu sein. Vielmehr vermitteln wir das, was uns unmittelbar umgibt. In der Erdgeschichte gab es schon häufig einen Klimawandel. Und doch dreht sich die Erde immer weiter. Dennoch ist es natürlich unser aller Aufgabe, möglichst das aufzuhalten, was der Mensch an Beitrag zum aktuellen Klimawandel beigetragen hat. Guido Hammesfahr: Darum brauchen wir die Sendung "Löwenzahn" Welchen Sendeauftrag haben Sie an sich selbst? Mir ist wichtig, dass ich in der Sendung nicht doziere. Ich spreche zwar einen Dokumentationsteil ein und muss mich natürlich manchmal etwas "dümmer" geben, als ich in Wirklichkeit bin. Aber ich nehme das Publikum immer an die Hand, indem ich Fragen in den Raum stelle. Man muss nicht alles wissen, sollte aber die Aufmerksamkeit mitbringen, um das Wissen erlangen zu können. Meine wichtigste Botschaft ist, dass wir neugierig und skeptisch bleiben. Warum braucht es in unserer digitalen Zeit, in der Kinder mithilfe von zig Apps Wissen erlangen können, noch eine Informationssendung wie "Löwenzahn"? Weil wir Geschichten erzählen. Das ist der ursächliche Grund, warum ich diesen Beruf damals überhaupt ergriffen habe. "Die Sendung mit der Maus", aber auch andere Magazine für Kinder, gehen da eher analytisch vor. Das ist der grosse Unterschied zu "Löwenzahn". Hier geht es darum, wie dieser Fritz Fuchs einer Sache auf den Grund geht und wie er letztendlich zu einer Lösung kommt. Unser Schlüssel, der auch nach 45 Jahren noch funktioniert, lautet "Fragen, Forschen, Wissen!". In einer der neuen "Löwenzahn"-Folgen wird die Frage aufgeworfen, ob man eigentlich das Ende des Regenbogens jagen kann. Sorgen Sie sich um die Fantasiefähigkeit von Kindern, die ständig unter dem Einfluss von Tablets und Smartphones stehen? Ja, ich sehe das durchaus kritisch. Meine Kritik zielt aber nicht auf die Kinder ab, sondern auf uns Erwachsene, die dieses Verhalten vorleben und weitergeben. Wir sollten also bei uns selbst anfangen – zum Beispiel, indem wir das Handy auch mal aus der Hand legen, wenn wir in der Bahn sitzen. Die grösste Show findet doch um uns herum statt. Wir nehmen das, was uns geboten wird, aber gar nicht mehr wahr, weil wir ständig abgelenkt sind. Wir sehen alle aus wie ferngesteuert. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass KI die Lösung für alles sein soll." Guido Hammesfahr KI und Diversität bei "Löwenzahn" Wie bringen Sie Kindern in der Sendung das Thema Künstliche Intelligenz näher? Wir haben bisher noch keine spezielle Sendung zu diesem Themenkomplex gemacht. Es wäre aber sicherlich interessant, mal in einer Folge zu durchleuchten, was da überhaupt passiert und wie das passiert. Das sehe ich erstmal auch wertfrei. Wie wir mit so einem Instrument dann umgehen sollten, ist wieder eine ganz andere Frage. Und diese Frage sollte gesellschaftlich diskutiert werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass KI die Lösung für alles sein soll. In der Regenbogen-Folge wird auf die Bedeutung der Regenbogenfahne eingegangen. Wie reagieren Eltern darauf, dass und wie in "Löwenzahn" Diversität vermittelt wird? Auf die Reaktionen haben wir leider keinen Einfluss. Aber dass Fritz' Nachbar David Paschulke offen schwul lebt, ist kein grosses Thema. Und genau so sollte es doch auch sein. Je selbstverständlicher wir in der Sendung damit umgehen, desto selbstverständlicher wird es auch für das Publikum. Guido Hammesfahr: "Ein Tier ist kein Spielzeug" Sollte jedes Kind mit einem tierischen Begleiter aufwachsen? Ist es das, was die Produktion mit dem sprechenden Hund Keks ausdrücken möchte? Egal, ob Hund, Katze oder ein anderes Haustier: Man muss sich immer im Klaren darüber sein, dass man Zeit für sein Tier aufbringen muss. Ausserdem übernimmt man eine grosse Verantwortung. Ein Tier ist kein Spielzeug. Und ich hoffe, dass wir das in unserer Sendung vermitteln können. Was meine Figur angeht, hilft mir Keks natürlich enorm. Wenn ich Fragen stelle, kann ich über den Hund sehr viel erklären. Würde ich nur Monologe führen, könnte das schon etwas "weird" wirken (lacht). Was macht das mit einem, wenn man mit einem Hund spricht, der wie Oliver Kalkofe klingt? Ich finde es grossartig, wie Oliver Kalkofe unseren Keks bei "Löwenzähnchen" (Spin-off von "Löwenzahn"; Anm. d. Red.) synchronisiert. Er hat sogar mal in einer Folge ("Staub") mitgespielt. Begründet hat er das mit dem Satz: "Ich wollte mal meinen Körper kennenlernen." Das war auch ein schöner Moment.