Rohstoff-Abkommen der Ukraine: Ein Kompromiss, keine Katastrophe Von: Stefan Scholl Drucken Teilen Begehrter Rohstoff: Ilmenit, oder Titaneisen, wird hier in der Zentralukraine gefördert. © Efrem Lukatsky/dpa Das Abkommen der Ukraine mit den USA über Rohstoffe enthält keine Sicherheitsgarantien, aber Kiew muss auch nicht die Kontrolle abgeben. Eine Analyse. Das Abkommen könne für beide Länder ein Erfolg werden, sagte Julia Swyrydenko, die ukrainische Wirtschaftsministerin, vorsichtig optimistisch. US-Finanzminister Scott Bessent aber wurde pathetisch: Der US-ukrainische Rohstoffvertrag signalisiere Russland klar, dass die Trump-Administration für einen Friedensprozess einstehe, der sich langfristig auf eine „freie, souveräne und prosperierende Ukraine“ konzentriere. Die von den Ukrainern gewünschten US-Sicherheitsgarantien fehlen allerdings in dem 12-Seiten-Papier, das beide Minister am Mittwoch in Washington unterzeichneten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj konnte seine ursprüngliche Idee vom vergangenen Oktober nicht darin unterbringen: Er wollte den Westen und besonders die USA mit Hilfe ukrainischer Bodenschätze materiell für eine militärische Allianz gewinnen, im Idealfall für eine Nato-Mitgliedschaft. Weiterlesen Lawrow stellt Ukraine wieder Maximalforderungen Aber die hatte Trump nach seinem Amtsantritt schnell vom Tisch gewischt. Man begann zwar, ein Abkommen über sogenannte Seltene Erden zu verhandeln. Aber der erste Versuch, es Ende Februar zu unterzeichnen, endete mit Selenskyjs Rauswurf aus dem Weißen Haus. Danach stellten Trumps Abgesandte extrem aggressive Bedingungen, die Kiewer Politiker:innen als „feindliche Übernahme“ der nationalen Bodenschätze kommentierten und die New York Times als „Bashing“. Jetzt freut sich das Team des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dass man Trump immerhin seine Idee ausreden konnte, der Ukraine bisher gelieferte Rüstungsgüter in dem Vertrag mit bis zu 500 Milliarden Dollar in Rechnung zu stellen. Auch die von Washington vorgesehene US-Mehrheit im Aufsichtsrat des geplanten gemeinsamen Investmentfonds konnte Kiew verhindern. An diesen Fonds überweist die Ukraine die Hälfte aller Einnahmen aus künftig vergebenen Lizenzen für die Förderung der 57 Mineralstoffe, die in dem Vertrag genannt werden, von seltenen Erdmetallen wie Kobalt oder Wismut bis zu Öl und Gas. Die USA investieren ebenfalls – Geld oder neue Waffen. Die Bodenschätze bleiben wie die Rohstoffinfrastruktur in ukrainischen Händen. Die Einnahmen des Fonds sollen in den ersten zehn Jahren ausschließlich in der Ukraine reinvestiert werden, in Bergbauprojekte, auch in den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur. Unklare Menge an Bodenschätzen in der Ukraine Welche Vorteile der Vertrag beiden Seiten wirklich bietet, zeigt sich wohl erst in Jahren. Die Angaben über die Vorkommen seltener Erdmetalle in der Ukraine und ihren Wert unterscheiden sich stark. Und Dauerkämpfe sowie Luftangriffe stellen ihre Förderung infrage. Aber in Kiew heißt es, das Ankommen beeinträchtige die eigene wirtschaftliche Souveränität nicht. Auch der weiteren ökonomischen Integration in die Europäische Union stelle das Abkommen nichts in den Weg. Und nach Donald Trumps betont neutralistischen Tönen der vergangenen Monate kann man sich in der Ukraine nun sogar Hoffnung auf neue Militärhilfe machen. Der US-Präsident aber liefert statt Garantien wieder Sprüche. „Die amerikanische Anwesenheit wird“, verkündete er soeben, „eine Menge schlechter Akteure aus dem Land heraushalten und sicherlich aus dem Gebiet, wo wir das Graben übernehmen“. Bessent unterstrich, man werde niemandem, der die russische Kriegsmaschine finanziert oder beliefert habe, erlauben, Profit aus dem Wiederaufbau der Ukraine zu ziehen – offenbar ein Wink mit dem Zaunpfahl Richtung China. Und Bessents Worte über „Russlands umfassende Invasion“ kommen in Moskau sicher nicht als wirklich herzlich an. Die besten US-Neuigkeiten für die Ukraine kamen am Mittwoch allerdings aus dem Senat. Dort erklärte Trump-Gefolgsmann Lindsey Graham laut Bloomberg, inzwischen unterstützten 72 von 100 Senatoren den Gesetzentwurf für neue Sanktionen gegen den russischen Ölexport. Käuferstaaten drohen danach auf dem US-Markt 500-Prozent-Zölle. Das könnte dem Kreml weher tun als das US-ukrainische Rohstoffabkommen.