Stephan Weil: "The normal one" tritt ab
Stephan Weil bezeichnet sich gern als Normalo. Im Interview mit ZEIT ONLINE verwies der niedersächsische Ministerpräsident einmal auf den Fußballtrainer Jürgen Klopp, der sich zu seinem Einstand in der Premier League als "the normal one" charakterisiert hatte. Das gefiel Weil. Er sieht sich selbst als eine Art Klopp unter den Ministerpräsidenten, gerade im Vergleich zu den vielen Egomanen und Exzentrikerinnen in der deutschen Politik. Häufig wurde Weil, vor allem außerhalb von Niedersachsen, als spröde und etwas fad charakterisiert. Er kennt diese Zuschreibungen und kokettierte gern damit. Für ihn waren sie eher eine Stärke. Er sieht sich hier im Einklang mit seinen niedersächsischen Landsleuten, bei denen er stets hohe persönliche Popularitätswerte erzielte: unaufgeregt und nüchtern, eben nicht so exaltiert wie die Süddeutschen. Nicht von ungefähr kritisiert er immer mal wieder dezent den Politikstil des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Als "einfacher, biertrinkender Jurist" bezeichnete er sich des öfteren vor Parteifreunden. An diesem Dienstag hat Weil nun nach zwölf Jahren seinen Rückzug als Ministerpräsident angekündigt. Der 66-Jährige hatte schon öfter mitgeteilt, dass diese dritte Amtszeit seine letzte sein soll. Allerdings hatte er eigentlich zugesagt, bis zur nächsten Wahl, bis 2027, bleiben zu wollen. Dass er sich nun schon zur Mitte der Legislaturperiode zurückzieht, kritisiert die CDU. Er wolle mit der Staffelübergabe in der laufenden Legislaturperiode seinem designierten Nachfolger, dem bisherigen Wirtschaftsminister Olaf Lies, einen Startvorteil in der Ministerpräsidentenrolle verschaffen, klagt die Landesopposition. © Lea Dohle Newsletter Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick Starten Sie mit unserem kurzen Nachrichten-Newsletter in den Tag. Erhalten Sie zudem freitags den US-Sonderletter "Was jetzt, America?" sowie das digitale Magazin ZEIT am Wochenende. Registrieren Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt. Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement. Diese E-Mail-Adresse ist bereits registriert. Bitte geben Sie auf der folgenden Seite Ihr Passwort ein. Falls Sie nicht weitergeleitet werden, klicken Sie bitte hier . Weil selbst sagt, er müsse seinem "Alter Tribut" zollen. Für ihn sei es aus persönlichen Gründen "an der Zeit, kürzerzutreten". Er habe die Arbeit zuletzt als "besonders kraftraubend" empfunden und freue sich nun auf den Ruhestand. Weil und Scholz? Schwierig! Mit dem neun Jahre jüngeren Lies hatte sich Weil schon ganz zu Beginn, 2013, einen Machtkampf um den Ministerpräsidenten-Posten geliefert. Weil gewann den Mitgliederentscheid denkbar knapp. Das zeigt, dass er trotz aller betonter Normalität durchaus ambitioniert und ehrgeizig war. Dass die beiden danach dennoch mehr als ein Jahrzehnt lang gut miteinander gearbeitet haben, zeigt aber auch, dass daraus keine unüberwindbare persönliche Fehde erwachsen ist, wie sie in der Politik nicht so selten vorkommen. Im Gegenteil: Weil lobt glaubhaft die "Freundschaft" und "Loyalität" von Lies. Weils "Normalo"-Image sollte übrigens nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in der SPD als wichtiger Machtpolitiker und Strippenzieher bekannt war. In der Partei genießt Weil bundesweit große Autorität. Offene Kritik an Olaf Scholz verkniff er sich meistens. Auch wenn er mit dem Auftreten der Ampel alles andere als begeistert war, hielt er sich öffentlich zurück. Dennoch galt er innerparteilich als Gegengewicht, als Machtfaktor, den man lieber versucht einzubinden, als ihn gegen sich aufzubringen.