Elbvertiefung: Der tägliche Newsletter aus Hamburg: Was ein Hamburger Tätowierer mit einer Eierlikör-Klage zu tun hat
Liebe Leserin, lieber Leser, als ich gestern den Kunsthistoriker Ole Wittmann in einem Ottenser Café traf, hatte er eine Klageschrift dabei. Es geht darin, auf 31 Seiten, um Eierlikör. Aber fangen wir vorne an. Wittmann hat vor einigen Jahren in Kooperation mit dem Museum für Hamburgische Geschichte den Nachlass des Tätowierers Christian Warlich erforscht. Warlich gilt als einer der Urväter der deutschen Tattoo-Kunst, im Jahr 1921 begann er auf St. Pauli mit dem Tätowieren. Seine Motive waren bunt, gewagt und auf einem hohen zeichnerischen Niveau für die damalige Zeit, sie wirken noch heute modern. Oft enthielten sie Schwerter, Rosen und Schiffe, ein Design zeigt einen Dämon, dem ein Messer im Kopf steckt. Ole Wittmann ist – auf eine wissenschaftlich nüchterne Art – ein Verehrer Warlichs. Wittmann kam auf die Idee, unter der Marke "Warlich Rum" Spirituosen zu verkaufen, produziert vom Bergedorfer Unternehmen Heinrich von Have. Auf die Etiketten ließ Wittmann Originalmotive von Warlich drucken oder solche, die ihnen nachempfunden sind. "Man kann einen Tätowierer am besten ehren, indem man seine Werke zeigt", sagt Wittmann. Er brachte dann auch einen Eierlikör heraus und, Achtung, eine vegane Version davon. Darauf ein Hahn, einer Zeichnung Warlichs nachempfunden, und die verhängnisvollen Worte: "Likör ohne Ei". Diese darf Wittmann eventuell bald nicht mehr verwenden. Denn vergangenen November ging eine Klage bei ihm ein, Absender: der Schutzverband der Spirituosenindustrie e.V. Der Prozessbevollmächtigte des Verbands schreibt auf Nachfrage: Es gebe laut EU-Recht im Bereich der Spirituosen einen "absoluten Bezeichnungs- und Anspielungsschutz" – wie auch im Bereich der Milchprodukte, er verweist darauf, dass es eine "Tofubutter oder eine Mandelmilch" ebenfalls nicht geben dürfe. Es gehe um "zwingende Vorschriften des europäischen Rechts", eine Anspielung sei verboten. © ZON Newsletter Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg Erfahren Sie aus der Redaktion der ZEIT, was in Hamburg wichtig ist – prägnant, persönlich und pointiert, jeden Werktag um 6 Uhr Registrieren Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt. Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement. Diese E-Mail-Adresse ist bereits registriert. Bitte geben Sie auf der folgenden Seite Ihr Passwort ein. Falls Sie nicht weitergeleitet werden, klicken Sie bitte hier . "Jeder versteht, dass das kein Eierlikör ist, es steht ja Likör ohne Ei drauf", sagt Wittmann. Ihm macht noch etwas anderes Sorgen. "Laut EU und UN sollen wir alle nachhaltig leben und Ersatzprodukte kaufen", sagt er. Aber er frage sich, wie sich Verbraucher für ein Produkt entscheiden sollen, wenn sie gar nicht verstünden, was es substituiert. Im Juni beginnt der Prozess vor dem Landgericht Kiel. Um für die Kosten aufzukommen, hat Wittmann ein Crowdfunding aufgelegt. Wie er sein Getränk im Falle einer Niederlage nennen würde? Darüber habe er noch nicht nachgedacht. Er sei jetzt erst mal aufgeregt, sagt Wittmann. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag! Ihr Yannick Ramsel Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de. WAS HEUTE WICHTIG IST © Marcus Brandt/dpa Der Hamburger Immobilienunternehmer Dieter Becken sieht weiter Chancen für eine Fertigstellung des Elbtowers. Im "Hamburger Abendblatt" räumte er Probleme bei der Akquisition von Eigenkapital und Mietern ein, zeigte sich aber zuversichtlich, dass Lösungen gefunden werden könnten, um die ruhenden Arbeiten fortführen zu können. Becken, dessen Konsortium den Elbtower kaufen will, reagierte auf Aussagen des in der Schweiz lebenden Milliardärs und möglichen Mitinvestors Klaus-Michael Kühne. Der 87-Jährige hatte gesagt, er glaube nicht, dass sich das Projekt noch realisieren ließe. Die Rechtmäßigkeit von Parteispenden der Warburg Bank an die SPD werden jetzt auch vom Bundestag geprüft. Der im Februar vorgelegte Abschlussbericht des Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschusses werde daraufhin ausgewertet, ob es Hinweise auf möglicherweise unzulässige Spendenzahlungen an die SPD gebe, teilte die Bundestagsverwaltung mit. In aller Kürze • Der Hamburger SV wächst weiter und hat nun 120.000 Mitglieder, teilte der Bundesligist mit – nur sechs andere Vereine in Deutschland hätten diesen Wert ebenfalls erreicht • Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat den Senat aufgefordert, zeitnah einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um die Anzahl der Wahlplakate in der Stadt zu begrenzen – das Ausmaß sei inzwischen umweltschädlich THEMA DES TAGES © Marius Töpfer Hier ist Platz für noch mehr Luxuswohnungen. Oder einen Park Wer bestimmt, wie freie Flächen in der Großstadt gestaltet werden? In Hamburg sollen Anwohner beim Projekt Hafenkante mitentscheiden – um zu beweisen, dass so etwas geht. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Artikel von ZEIT:Hamburg-Redakteurin Annika Lasarzik. Man stelle sich einmal die Skyline Hamburgs vor: Da sind die Elbphilharmonie, der Michel, die Landungsbrücken, der Fischmarkt, der Elbstrand. Wer schon mal eine Hafenrundfahrt unternommen hat, kennt das Panorama. Doch zwischen all diesen Postkartenmotiven gibt es einen blinden Fleck. Ein grauer, asphaltierter Platz von 600 Metern Länge, auf dem meistens Wohnmobile parken. Der Ort sieht nicht besonders einladend aus, doch das soll sich bald ändern: Genau hier wird eines der derzeit wohl spannendsten Stadtentwicklungsprojekte Hamburgs umgesetzt. Die Rede ist von der "Hafenkante", einer Betonfläche zwischen Landungsbrücken und Fischauktionshalle, die nun im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner umgestaltet werden soll. Seit über einem Jahr sammelt die Umweltbehörde Ideen für den Platz, im vergangenen Sommer startete dann eine Testphase: Von August bis Oktober wurden auf einem Teil der Fläche Bänke und Hocker aufgestellt und kleine Rampen zum Skateboardfahren sowie Basketballkörbe installiert. Anwohner haben Getränke ausgeschenkt, zu Open-Air-Konzerten geladen und nach jedem Experiment aufs Neue diskutiert: Was funktioniert gut, was nicht? Am vergangenen Wochenende nun wurden die ersten Zwischenergebnisse vorgestellt. Die Idee dahinter erklärt Projektleiterin Caroline Hertel von der Hamburger Umweltbehörde bei der Präsentation in der Stadtteilschule am Hafen auf St. Pauli: "Wir haben uns ganz bewusst dagegen entschieden, sofort den großen Architektenentwurf vorzulegen. Wir wollen erst einmal verschiedene Nutzungen mit den Menschen vor Ort ausprobieren und schauen, was in diese Nachbarschaft passt." In den nächsten Jahren soll der Platz dann, so der Plan, umgebaut werden. Welche Interessen an der Hafenkante aufeinanderprallen, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT ONLINE. Zum vollständigen Artikel DER SATZ © Andrej Lisakov/unsplash.com "Wir brauchen eine nüchterne, sorgfältige Gesamtschau aller Informationen, bevor wir die Lage vollständig beschreiben können." Das sagt Jakob Manthey vom Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung der Uni Hamburg, der die wissenschaftliche Evaluierung der Cannabis-Legalisierung leitet. Wieso die Pläne der Unionsparteien, diese zurückzunehmen dem im Wege stehen, beschreibt ZEIT-Autorin Marlene Halser hier. DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN In der Produzentengalerie findet morgen im Rahmen der Einzelausstellung "As the Story Unfolds" ein Künstlergespräch mit Monika Michalko statt. Zudem wird ihr neuer Katalog "Here in the Real World" vorgestellt. Das Programm wird ergänzt mit einem Improvisationskonzert des Musikkollektivs Malaka. Die Ausstellung ist noch bis zum 19. April zu sehen. "As the Story Unfolds", 3.4., 18 Uhr; Produzentengalerie, Admiralitätsstraße 71 MEINE STADT Aufblühen an der Alster © Linda Leopold-Lackner HAMBURGER SCHNACK Das vierjährige Kind einer Freundin kommt müde und ein wenig überdreht gegen 16 Uhr aus der Kita zurück. Eine Unterhaltung ist dann nicht mehr möglich. Während das Kind an der ebenfalls müden Mama herumturnt, dreht diese sich ein wenig seufzend zu mir und meint: "Irgendwann wird es immer sieben, also Schlafenszeit." Gehört von Marilies Brinkmann Das war die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie ihn hier kostenlos abonnieren.