Antisemitismus: Prozess nach Angriff auf jüdischen Studenten beginnt
Am Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat der Prozess wegen eines mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriffs auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) Berlin begonnen. Der 24-jährige Angeklagte Mustafa El-H. A. ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Er soll am 2. Februar 2024 den damals 30-jährigen Studenten Lahav Shapira attackiert und schwer verletzt haben. Der Angeklagte und Shapira kennen sich laut Staatsanwaltschaft aus der Universität. El-H. A. soll seinem Opfer am Abend des Angriffs in einer Bar im Berliner Bezirk Mitte begegnet sein. Als Shapira die Bar verließ, folgte El-H. A. ihm laut Darstellung der Staatsanwaltschaft, um ihn auf eine frühere Auseinandersetzung an der Hochschule im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt anzusprechen. Politisches Engagement des Opfers soll Angriff motiviert haben Anschließend habe der Angeklagte Shapira unvermittelt ins Gesicht geschlagen, woraufhin dieser zu Boden ging. Als er aufstehen wollte, habe El-H. A. ihm ins Gesicht getreten. Shapira erlitt den Angaben zufolge eine komplexe Mittelgesichtsfraktur sowie eine Hirnblutung und musste vier Tage im Krankenhaus verbringen. Der Fall erregte viel Aufmerksamkeit, auch weil der Angegriffene der Bruder des Comedians Shahak Shapira ist. Der Angeklagte ist deutscher Staatsbürger und der Anklage zufolge kampfsporterfahren. Ausschlaggebend für den Angriff auf Shapira war laut Staatsanwaltschaft das politische Engagement seines jüdischen Kommilitonen im Zusammenhang mit dem Angriff der islamistischen Terrorgruppe Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Das Strafmaß für gefährliche Körperverletzung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre Haft. In minderschweren Fällen kann das Gericht eine Strafe von drei Monaten bis hin zu fünf Jahren verhängen. Für den Prozess sind zunächst zwei Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte am 17. April gesprochen werden. Kritik jüdischer Organisationen an Hochschule Shapira, der auch als Nebenkläger auftritt, soll als erster Zeuge gehört werden. Dem Prozessauftakt wohnte auch Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, bei. "Dieses Verfahren zeigt eines ganz deutlich: nämlich, wie gefährlich Antisemitismus ist und wie wichtig seine konsequente Verfolgung und Ahndung durch die Justiz sind", sagte Klein vor Prozessbeginn. © Lea Dohle Newsletter Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick Starten Sie mit unserem kurzen Nachrichten-Newsletter in den Tag. Erhalten Sie zudem freitags den US-Sonderletter "Was jetzt, America?" sowie das digitale Magazin ZEIT am Wochenende. Registrieren Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt. Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement. Diese E-Mail-Adresse ist bereits registriert. Bitte geben Sie auf der folgenden Seite Ihr Passwort ein. Falls Sie nicht weitergeleitet werden, klicken Sie bitte hier . Jüdische Organisationen hatten im Zusammenhang mit dem Angriff auf Shapira auch die Reaktion der Freien Universität Berlin kritisiert. Diese hatte dem mutmaßlichen Angreifer ein auf drei Monate befristetes Hausverbot erteilt. Die Teilnahme an Onlinelehrformaten verbot sie ihm nicht. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte härtere Maßnahmen: "Eine Exmatrikulation des betreffenden Studenten ist alternativlos", sagte damals Zentralratspräsident Josef Schuster. Auch die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) hatte den Universitätspräsidenten Günter Ziegler in einem offenen Brief dazu aufgefordert, gegen Antisemitismus an seiner Universität vorzugehen. Die Hochschule stehe "seit Monaten für Offenheit und Toleranz gegenüber Antisemiten", kritisierte die JSUD. Sie warf der Universität vor, bereits auf israelfeindliche Ausschreitungen im Dezember 2023 kaum reagiert zu haben. Klage gegen Freie Universität Shapira klagte nach dem Angriff auf ihn auch gegen die Universität. Die Hochschule habe zugelassen, "dass antisemitische Sprache sich zu Taten konkretisiert hat". Unter Berufung auf das Berliner Hochschulgesetz, das Hochschulen dazu verpflichtet, Diskriminierungen zu verhindern, warf der Student der Universität vor, dieser Pflicht nicht nachgegangen zu sein.