Eine britische Forschungsgruppe hat in der tiefsten Fern-Infrarotaufnahme des Universums so unerwartet viele, bislang unsichtbare Galaxien entdeckt, dass die Bestätigung des Funds "gegenwärtige Modelle zur Zahl und Entwicklung von Galaxien sprengen würde". Das hat die Royal Astronomical Society bekannt gegeben und erklärt, dass der Arbeit Daten zugrunde liegen, die das vor mehr als zehn Jahren abgeschaltete ESA-Weltraumteleskop Herschel gesammelt hat. Die bislang versteckte Population von Galaxien wurde demnach durch ein Übereinanderlegen von 141 einzelnen Aufnahmen gefunden. Dabei habe man die Forschung mit Herschel an ihre absolute Grenze getrieben, sagte Forschungsleiter Chris Pearson. Anzeige Zu viele Galaxien entdeckt Wie das ebenfalls an der Arbeit beteiligte britische Forschungszentrum RAL Space in Erinnerung ruft, lassen sich im sogenannten fernen infraroten Spektrum Galaxien nachweisen, die sonst von Staub verdeckt werden. Gerade dieser Staub kann aber dafür sorgen, dass sie besonders intensiv Sterne bilden und für das Verständnis des Universums von großer Bedeutung sind. Um sie nachzuweisen, habe man durch das Übereinanderlegen der Herschel-Aufnahmen das sogenannte "Herschel-SPIRE Dark Field" geschaffen. Diese mit Abstand tiefste Aufnahme im fernen infraroten Spektrum sei dann so voller Galaxien gewesen, dass man neue Methoden habe entwickeln müssen, um sie auseinanderzuhalten und zählen zu können. Die bei dieser Analyse entdeckten Hinweise auf eine bislang nicht nachweisbare Population von besonders lichtschwachen Galaxien sei von gegenwärtigen Modellen zum Kosmos nicht vorhergesagt worden, schreibt das Team weiter. Sollte sich deren Existenz bewahrheiten, könnte damit all die verbleibende infrarote Energie im Universum erklärt werden können, deren Ursprung bislang rätselhaft war. Gleichzeitig müssten aber die bestehenden Modelle zur Entstehung und Entwicklung der Galaxien überarbeitet werden, denn der Fund habe sie geradezu gesprengt. "Die Entdeckung zeigt, wie wertvoll das Archiv der Herschel-Daten ist", ergänzt der Astrophysiker David Clements. Obwohl es seit mehr als zehn Jahren nicht mehr arbeitet, "bekommen wir immer noch großartige neue Resultate". Für mehr Daten in den analysierten Wellenlängen benötige man aber neue und bessere Instrumente. Das Forschungsteam hofft dafür auf das vorgeschlagene Weltraumteleskop PRIMA für Forschung im fernen Infrarotspektrum ("Probe far-Infrared Mission for Astrophysics"). Über dessen Realisierung will die US-Weltraumagentur NASA demnach im kommenden Jahr entscheiden. Die Forschung zu den bislang versteckten Galaxien wird jetzt in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society vorgestellt. (mho)