Larry Gagosian wird 80: Mehr Megagalerist geht nicht

Hätte der fliegende Händler, den Larry Gagosian als Parkplatzwächter Anfang der Siebzigerjahre in Los Angeles beobachtete, Transistorradios statt Postern feilgeboten, wäre womöglich alles anders gekommen – und der heute größte aller Megagaleristen wäre vielleicht ein Elektrohandelstycoon geworden. Aber es waren Bilder, die den Geschäftssinn des Enkels armenischer Einwanderer weckten. Nach seinem Literaturstudium ohne Plan für die Zukunft hatte Gagosian, der im San Fernando Valley in Mittelklasseverhältnissen aufgewachsen war, auf dem Parkplatz jobbend die zündende Idee: Billige Poster brauchten nur einen billigen Rahmen, um beides zusammen zum Vielfachen des Einkaufspreises loszuschlagen. Dann traf er Leo Castelli Dem Geschäftsmodell folgte Gagosians erster Laden in Los Angeles. Rasch wurde eine kleine Galerie für Gegenwartskunst daraus. Den Aufstieg in höhere Sphären verdankte Gagosian seiner längst legendären Unverfrorenheit und einer weiteren schicksalhaften Begegnung: Weil er den Fotografen Ralph Gibson für eine Schau gewinnen wollte, flog er nach New York. Vertreten wurde Gibson von dem als Händler aller Großen der amerikanischen Nachkriegsmoderne enorm einflussreichen Galeristen Leo Castelli, der Gefallen an dem Newcomer fand. Es kommt es darauf an, die richtigen Leute zusammenzubringen: Larry Gagosian 2007 mit Arnold Schwarzenegger und Damien Hirst Associated Press Castelli ließ Gagosian von ihm repräsentierte Künstler an der Westküste ausstellen, versorgte ihn mit Know-how und Kontakten. Nach dem Umzug Gagosians nach New York, wo er zeitweise mit Castelli eine Galerie betrieb, etablierte er sich endgültig als Solist. Die Grundlage dafür legte die hochprofitable Vermittlung von Blue-Chip-Kunstwerken von einem Sammler an den nächsten. Aber Gagosian zeigte auch untrügliches Gespür für Talente wie Jean-Michel Basquiat – wobei grundsätzlic nicht das Aufbauen junger, sondern das Anwerben schon kapitaler Künstler wie etwa Cy Twombly sein Business ausmacht – und profilierte seine Galerie mit musealen Schauen etwa zu Pablo Picasso. Unsentimental im Business fand er nichts dabei, Konkurrenten zugkräftige Künstler abzujagen, musste aber auch selbst Abgänge wie etwa den von Damien Hirst sportlich nehmen. Auf der Jagd: Gagosian trifft im Jahr 2013 bei Christie’s in New York zur Abendauktion moderner und zeitgenössischer Kunst ein. Picture Alliance Heute hat die Gagosian Gallery achtzehn Standorte in aller Welt, vertritt mehr als hundert Künstler verschiedener Generationen – darunter Anselm Kiefer, Jeff Koons, Jenny Saville und Gagosians Ex-Partnerin Anna Weyant sowie Nachlässe wie den Andy Warhols – und ist mit einem Jahresumsatz von geschätzt etwa einer Milliarde Dollar immer noch in der Hand eines einzigen Mannes: Larry Gagosian.