„Ich hasse es“: Junge Mutter rechnet mit Erziehung von Millennials ab

„Ich hasse es“: Junge Mutter rechnet mit Erziehung von Millennials ab Von: Jana Stäbener Drucken Teilen Eine Mutter verkündet in einem Instagram-Video, dass sie bedürfnisorientierte Erziehung „hasst“. Ein Experte pflichtet ihr bei: „Ärger muss nicht getröstet werden“. Mit einem Video Anfang April 2025 macht die Mutter und Instagramerin Elena Bridgers, die sich mit der Evolution der Mutterschaft beschäftigt, einige ihrer Fans wütend. Darin kritisiert sie den aktuellen Goldstandard der Erziehung, an den sich viele Eltern halten: bedürfnisorientierte Erziehung (engl. gentle parenting). „Hier sind drei Gründe, warum ich bedürfnisorientierte Erziehung hasse“, sagt Bridgers, die vor einigen Monaten versuchte, ihr Kind mit einer Jahrhunderte-alten Methode zum Gemüse essen zu bringen. Grund eins: Keine Kultur auf der Welt erziehe Kinder so, außer der Westen. Zweitens gebe es keine wirkliche wissenschaftliche Evidenz, die beweise, dass bedürfnisorientierte Erziehung die beste Methode sei. Drittens sei bedürfnisorientierte Erziehung „zu zeitintensiv“, sagt Bridgers. „Wer hat Zeit, auf die Knie zu gehen und jedes Gefühl des Kindes wertzuschätzen? Ich hab noch anderes zu tun“, sagt sie. In ihrer Erfahrung mache zu viel Beachtung das Verhalten trotziger Kinder noch schlimmer. „Kleinkind-Wutanfälle ignoriert man am besten.“ Warum „extrem bedürfnisorientiertes Erziehen“ problematisch ist In den Kommentaren unter Bridgers Instagram-Video sind einige ihrer Follower entsetzt. „Ich mag deinen Account, aber das enttäuscht mich jetzt“, schreibt eine Person. Ihrer Meinung nach sei die bei Millennials beliebte bedürfnisorientierte Erziehung „unglaublich“. Für einige fühlt sich ihre Kontroverse nach Clickbait an. „Ich liebe deine Videos, aber bedürfnisorientierte Erziehung hat nur deswegen Nachteile, weil die Menschen denken, es bedeutet, keine Grenzen zu setzen.“ Die Therapeutin Melanie Hubermann bestätigt bei BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA, dass die Erziehungsmethode von einigen Eltern falsch verstanden wird. „Dieses extrem bedürfnisorientierte Erziehen bedeutet, die Kinder einfach machen zu lassen, wonach ihnen gerade ist. Sie sollen sich individuell entfalten. Wenn sie der Meinung sind, sie müssen ihren Freund prügeln, dann sollen sie das tun, um herauszufinden, wie sich das anfühlt“, erklärt sie. Das funktioniere nicht. „Wir müssen Kindern Werte vermitteln und Grenzen setzen“, sagt Hubermann. „Wir überfordern Kinder, wenn wir ihnen nicht die Welt altersgerecht kleinhalten – mithilfe von Struktur und Regeln.“ „Ärger muss nicht getröstet werden“, sagt ein Psychiater und Bindungsexperte. (Symbolbild) © Pond5 Images/IMAGO Bedürfnisorientierte Erziehung: „Ärger muss nicht getröstet werden“ Bedürfnisorientierte Erziehung ignoriere oft, dass auch Eltern Bedürfnisse hätten, ergänzt der Psychiater und Bindugsforscher Simon Meier aus Regensburg. „Bedürfnisse stehen immer in Konkurrenz zueinander. Kinder müssen lernen, dass sie nicht alleine auf diesem Planeten sind und ihre Bedürfnisse auch manchmal aufschieben müssen“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Er nimmt Eltern die Angst davor, Bindungsstörungen auszulösen, wenn sie den Wutanfall eines Kindes oder das Schreien ihres Babys einmal ignorieren. „In der Bindungsforschung wissen wir: entscheidend ist, was in 75 Prozent der Fälle passiert. Bindungssysteme sind plastisch, die verzeihen einiges.“ Je nach Alter müsse man den Kindern zumuten, ihre Bedürfnisse selbst zu befriedigen. Natürlich bräuchten Neugeborene mehr Bedürfnisbefriedigung, aber auch da sei es möglich, ein Kind ein paar Minuten ohne traumatische Folgen schreien zu lassen. Eltern sollten auf ihre Intuition hören und ihr Kind dann unterstützen, wenn es traurig ist, es aber auch mal alleine lassen, wenn es nur wütend ist. „Ärger muss nicht getröstet werden, ihn können schon kleine Kinder relativ gut regulieren“, sagt der Bindungsexperte und stützt damit Bridgers These, dass Wutanfälle bei Kindern auch mal ignoriert werden dürfen.