25 Jahre "The Legend of Zelda: Majora’s Mask": Düsteres Zeitspiel

"The Legend of Zelda" ist ohne Frage eine der bedeutendsten Spielereihen aller Zeiten: Der erste Teil, zuerst erschienen im Frühjahr 1986 auf Nintendos kurzlebigem "Famicom Disk System", definierte das Action-Adventure, wie wir es heute kennen. Der dritte Teil "A Link to the Past" (1991) gab den SNES-Spielern eine gigantisch große und vor allem gigantisch abwechslungsreiche Spielewelt. Anzeige Und dann kam das Jahr 1998, und mit ihm, kurz vor seinem Ende, der offizielle fünfte Teil der Serie, der den Untertitel "Ocarina of Time" trug. Der, wie es der Zufall will, mit einer Durchschnittsnote von 99 von 100 Punkten noch bis heute das bestbewertete Spiel aller Zeiten beim Wertungsaggregator Metacritic ist. Ein Meilenstein, ein Monument, ein ewiger Klassiker, der die Serie erstmals in die 3D-Welt beförderte, und bei dieser Gelegenheit Action-Abenteuer-Standards definierte, die noch bis heute gültig sind – wie die Zielerfassung im 3D-Raum oder kontextabhängige Aktionen, die allesamt auf einer Taste lagen. Bild 1 von 12 "The Legend of Zelda: Majora's Mask" wird 25 (12 Bilder) "Majora’s Mask" folgt "Ocarina of Time" nicht nur spielerisch, sondern auch inhaltlich. Die Okarina ist mal wieder extrem wichtig. (Bild: heise online ) Wie sollte man einen derart monumentalen Erfolg jemals standesgemäß weiterführen können? Diese Frage sollte vor allem Eiji Aonuma beantworten, einer der Direktoren von "Ocarina of Time", der in diesem vor allem für das Design der Dungeons und Tempel verantwortlich war. Eigentlich sollte es auf dem N64 nur eine "Ura"-Version von "Ocarina of Time" (quasi einen Director’s Cut) für das N64-Disk-System "64DD" geben. Aonuma wollte aber mehr, als nur die bekannten Dungeons ein bisschen erweitern, und nach einigem Drängeln erhielt er von Miyamoto die Erlaubnis, ein neues Zelda-Spiel vor allem unter der Nutzung der bereits für "Ocarina of Time" erstellten 3D-Assets zu erschaffen. Voraussetzung: Es durfte nicht mehr als ein Jahr dauern. Das hat dann letzten Endes nicht geklappt, die Entwicklung von "The Legend of Zelda: Majora’s Mask" hat etwa 15 Monate gebraucht. Was angesichts des Resultats aber trotzdem als Wunder verbucht werden darf. Finnischer Death Metal: Das Spiel Das am 27. April 2000 in Japan veröffentlichte Resultat (Nordamerika und Europa waren Oktober respektive November dran) folgte auf den ersten Blick seinem Vorgänger auf dem Fuße: Das Interface war identisch, die 3D-Grafik nur in Details verbessert, es gab diverses Geflöte auf der Okarina der Zeit, eine leicht nervende Leuchtefee sowie vier massive Dungeons zu erkunden – Kenner des Vorgängers fühlten sich sofort willkommen. Und stellten dann schnell fest, dass die neue Parallelwelt "Termina" mehr war als nur eine Umpinselung des klassischen Zelda-Szenarios "Hyrule". Denn schon "Ocarina of Time" hatte seine düsteren Momente. Aber kein Vergleich zu dem Drama, das in "Majora’s Mask" abgespult wurde. Denn das komplette Spiel dreht sich um Verlust und Vernichtung. Die Vernichtung der gesamten Welt, um genau zu sein: Termina ist durch die Untaten des sogenannten "Horror Kid" (den Link direkt im Intro trifft) dem Untergang geweiht, in genau drei Tagen wird der Mond auf die Welt stürzen und alles und jeden in einer gigantischen Explosion vernichten. Ein Damoklesschwert, das pausenlos über Links Kopf hängt – bzw. darunter, denn am unteren Bildschirmrand befindet sich eine pausen- und gnadenlos heruntertickende Uhr. Die 72 verfügbaren Rettungsstunden nehmen in der echten Welt etwas weniger als eine Stunde in Anspruch. Was kann man in dieser sehr knapp bemessenen Zeit schon ausrichten? Anzeige Nun, sehr viel von dem, was man auch in "Ocarina of Time" schon gemacht hat: Kämpfen (wenn auch deutlich weniger als vorher), Rätsel lösen, Aufgaben erfüllen. Anders als im Vorgänger gibt es in "Majora’s Mask" allerdings keine Möglichkeit, innerhalb der Zeit für alle NPCs und ihre zahlreichen Nebenmissionen da zu sein. Link muss ganz klar priorisieren, wenn er nicht aus der ersten Reihe erleben möchte, wie Termina nach Ablauf der Frist in einer ebenso beeindruckenden wie feurigen Sequenz untergeht. Das Geschenk der Zeit Links wichtigste Aufgabe ist es daher, den Fall des diabolisch grinsenden, rotäugigen Terrormondes zu verhindern, und da spielt einmal mehr die Okarina der Zeit eine wichtige Rolle. Denn auf dieser lernt er im Laufe des Abenteuers wieder diverse Lieder, darunter auch die "Hymne der Zeit" sowie die "Ballade des Kronos", mit denen er die Zeit drei Tage zurückdrehen bzw. auf ein Drittel der Geschwindigkeit verlangsamen kann. Erstere Melodie ist ein entscheidendes Spielelement, denn das Zurückkurbeln der Uhr nach Vorvorgestern ist für Normalspieler unvermeidlich. Flötet man die Melodie der Zeit und reist drei Tage zurück, verliert man einen Großteil seines Besitzes sowie den Fortschritt, den man in dieser Runde gemacht hat, behält aber die Erfahrungen, Masken, Waffen und Lebensenergie. Womit das Spiel ein wichtiges Element moderner Roguelikes vorweggenommen hat. Mehrfaches, vielfaches Durchspielen der 72 Spielstunden ist damit also wichtigste Zeldaspielerpflicht. Nach und nach, Zeitsprung für Zeitsprung, stellt Link in Termina die Ordnung wieder her, spricht mit mehr Leuten, sammelt wichtige Erfahrungen – und erhält damit schrittweise das Rüstzeug, das ein Happy End überhaupt erst möglich macht. Eines der wichtigsten Werkzeuge auf diesem schwierigen Weg ist die Maske. Bzw. die Masken, denn von denen gibt es insgesamt 24. Ein Großteil davon ist nur Bonuskram: So gibt es eine, die Link dabei hilft, die jeweils 15 Feen in den vier Tempeln aufzuspüren. Eine weitere (mit Hasenohren!) lässt ihn schneller laufen, und eine dritte wird benötigt, um Küken zusammenzutreiben. Drei allerdings sind für den Spielverlauf essenziell: Die erste verwandelt Link in ein "Deku-Kind", also eine Baumkreatur – eine Form, in der er unter anderem kurzzeitig fliegen und über Wasser laufen kann. Mit der Goronen-Maske wird Link zu einem mächtigen Steinkämpfer, der auch massive Hindernisse zerstören und über Lavaseen rollen kann. Und in der "Zora"-Form wird er zum Meisterschwimmer, der unter anderem am Meeresgrund entlangspazieren und mit Bumerangflossen um sich werfen kann. Masken gab es auch in "Ocarina of Time" schon, aber lange nicht in so ausgefeilter, spielentscheidender Form wie hier. Zeit ist etwas flüchtig Schnelles… "Majora’s Mask" gab sich also größte Mühe, sich so deutlich wie möglich aus dem überwältigenden Schatten seines Vorgängers abzuheben. Etwas, das die damalige Spielepresse auch zu würdigen wusste: So erhielt das Spiel durch die Bank Bestnoten, heute steht ein Metacritic-Schnitt von 95 Punkten. Etwas weniger als "Ocarina of Time", aber dennoch ohne Frage eine sensationelle Leistung. Genau wie der kommerzielle Erfolg, denn "Majora’s Mask" hat sich auf dem N64 insgesamt knapp 3.5 Millionen Mal verkauft. Allerdings musste man sich auch hier wieder dem Vorgänger geschlagen geben, der knapp doppelt so viele Exemplare über die Ladentische in die Modulschächte schob – der war allerdings auch in der Entwicklung deutlich teurer. Anfang 2015 erschien das Spiel dann noch in einer aufgehübschten Version auf Nintendos 3DS-Handheld, und seit 2022 ist die Originalversion auch Teil des N64-Emulationsangebots im "Nintendo Switch Online"-Service. Und es lohnt sich auch 25 Jahre nach seiner Ursprungsveröffentlichung noch, zu dieser düsteren Perle zu greifen: "Majora’s Mask" mag nicht der ganz große Klassiker wie sein direkter Vorgänger sein, aber es ist dennoch ein exzellentes Abenteuer, das dem großen Seriennamen mehr als gerecht wird. Hier wird mal nicht wie in anderen Teilen der Reihe gegen das große Böse gekämpft. Stattdessen ist in "Majora’s Mask", wie im echten Leben, die Zeit der eigentliche Feind. Man kann ihr nicht entkommen, man kann sie nicht besiegen – man kann nur das Beste aus ihr machen. Eine schöne Lektion. (dahe)