Zu viele Widersprüche: Rentner (78) nach Konflikt mit Pizzalieferant freigesprochen

Zu viele Widersprüche: Rentner (78) nach Konflikt mit Pizzalieferant freigesprochen Von: Anna Liebelt Drucken Teilen Vor dem Ebersberger Amtsgericht musste sich ein 78-jähriger Mann aus Vaterstetten verantworten. © Peter Kees Ein 78-jähriger Rentner muss sich wegen einer vermeintlich messerscharfen Auseinandersetzung mit einem Pizzalieferanten vor Gericht verantworten. Aufgrund einer widersprüchlichen Zeugenaussage wird er freigesprochen. Vaterstetten – „Nicht einmal ansatzweise“ kam für Richter Frank Gellhaus die Verurteilung des Angeklagten infrage. Zu viele Widersprüche hatten sich im Verlauf in der Verhandlung am Ebersberger Amtsgericht aufgetan, zu viele verschiedene Varianten des zu verhandelnden Vorfall hatte der einzige Zeuge geschildert. Für den angeklagten Rentner endete der Justiz-Ausflug so in einem Freispruch. 78-Jähriger soll Pizzafahrer mit Messer attackiert haben Eineinhalb Stunden zuvor war der 78-Jährige auf wackeligen Beinen in den Sitzungssaal geschlurft. Schwer atmend, hatte er sich ins Polster der Anklagebank fallen lassen. Dort musste sich der Mann wegen einer Auseinandersetzung mit einem Pizzalieferanten verantworten. Zugetragen haben soll sich der vermeintlich messerscharfe Vorfall vor fast zwei Jahren in Vaterstetten. Laut Anklage sei der Rentner damals mit seinem Rad unterwegs gewesen, als ihm der Pizzafahrer eines ortsansässigen Lokals entgegenkam. Infolge einer Vorfahrtsmissachtung kam es zwischen den beiden Männern zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung. Dann soll der Angeklagte plötzlich ein Messer gezogen, die Türe des Lieferservice zerkratzt, durch das geöffnete Fenster in Richtung des Mannes gestochen und diesem ins Gesicht geschlagen haben. Zeuge verstrickt sich in Widersprüchen: Richter spricht Rentner frei Vor Gericht schilderte der 78-Jährige jetzt seine Sicht der Dinge: „Er kam mit hoher Geschwindigkeit auf mich zu. Ich musste von meinem Fahrrad abspringen“, erklärte er die Ausgangssituation. Als der Rentner den Lieferanten über die verkehrsrechtliche Regelung aufklären wollte, sei dieser aus dem Auto gesprungen. „Dabei hat er mit der Tür wohl meinen Lenker gestreift. Ich habe das nicht mitbekommen“, so der Rentner. Wegen des entstandenen Kratzers habe der Pizzafahrer die Polizei rufen wollen. „Er hat mein Rad festgehalten. Ich habe ihm auf seine Hand geschlagen, dass er es loslässt“, berichtet der Angeklagte, der an jenem Abend mit Werkzeugen auf dem Weg zu seinem Garten war. In seinem Fahrradkorb fanden Beamte später Scheren, ein Messer und eine angebrochene Klinge. „Ich hatte nichts davon in der Hand“, versicherte der 78-Jährige. Indessen will der Pizzalieferant besagtes Messer gesehen haben. „Er wollte mich stechen“, sagte der gebürtige Pakistani. Bei Detailfragen verstrickte sich der Mann jedoch in Widersprüchen. Einmal habe der Angeklagte die Klinge aus der Hosentasche gezogen, ein anderes Mal aus einem Beutel im Fahrradkorb. Einmal habe es eine Ohrfeige gegeben, ein anderes Mal sei er einem Schlag ausgewichen. „So kann ich zu keiner Verurteilung kommen“, resümierte Richter Gellhaus in seinem Urteil, welches „im Zweifel für den Angeklagten ausgeht“.