„Was ich jetzt an Beiträgen einzahle, wird für die spätere Rente angespart“ - Experten decken Irrtum auf

„Was ich jetzt an Beiträgen einzahle, wird für die spätere Rente angespart“ – Experten decken Irrtum auf Von: Stella Henrich Drucken Teilen Ein sorgenfreier Ruhestand wird immer schwerer. Experten warnen sogar vor dem finanziellen Kollaps des Rentensystems. Ein Irrtum trägt zur Verunsicherung bei. Frankfurt – Jeder Mensch will von seiner Rente im Alter gut leben können. Allerdings wird das in etlichen Fällen immer schwieriger. Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner in Altersarmut hat inzwischen ihren Höchststand erreicht. SPD-Chef Lars Klingbeil fordert daher konsequent eine echte Reform des Rentensystems. Und warnt: „Entweder haben wir die Kraft, in dieser Legislaturperiode eine echte Reform zu schaffen oder es kommen diejenigen, die mit Kettensägen den Sozialstaat zerstören wollen. Wir müssen uns jetzt anstrengen.“ Die Warnung ist nicht nur ein Weckruf, sondern auch eine klare Ansage an Politik und Gesellschaft. Denn bis zum Jahr 2036 erreicht auch die Generation der Babyboomer mit Millionen Versicherten das gesetzliche Rentenalter hierzulande, mit fatalen Auswirkungen auf das umlagefinanzierte Rentensystem. Wer also meint, dass er das, was er bzw. sie jetzt in die Rente einzahlt, für die spätere Rente anspart, irrt sich gewaltig. Renten-Experten decken Irrtum auf: Rentenbeiträge werden nicht zurückgelegt, sondern ausgegeben Das deutsche Rentensystem fußt nämlich auf dem sogenannten Generationenvertrag – auch Umlageverfahren genannt – finanziert. Das bedeutet, dass mit den Beiträgen aller Versicherten und Arbeitgeber sowie den Zuschüssen des Bundes von jährlich mehr als 100 Milliarden Euro vor allem die laufenden Renten an die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner ausbezahlt werden, erläutert das Online-Portal ihre-vorsorge.de. Und deckt damit einen wesentlichen Irrtum auf. „Was ich jetzt an Beiträgen einzahle, wird für die spätere Rente angespart“, heißt es oft. Aber es stimmt nicht, dass die heutigen Beiträge der Beschäftigten und Arbeitgebenden zurückgelegt werden, um damit die Renten der künftigen Rentnerinnen und Rentner zu bezahlen. Das widerspräche dem Generationenvertrag bzw. dem Umlageverfahren. Nicht für alle Rentner reicht das Geld im Alter. © Matthias Hiekel/dpa Das versteht man unter der umlagefinanzierten Rentenversicherung: (Quelle: ihre-vorsorge.de, Deutsche Rentenversicherung): Beiträge der Versicherten werden nicht gespart. Sie werden gleich wieder für die laufenden Ausgaben verwendet. Das heißt: Die Beiträge werden also gleich wieder an die Rentnerinnen und Rentner von heute ausbezahlt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitgeber sowie bestimmte Selbstständige zahlen Rentenbeiträge in die Rentenkasse ein. Aus den laufenden Beiträgen zahlt die Deutsche Rentenversicherung die Renten der derzeitigen Rentnerinnen und Rentner. Die Beiträge der heutigen Beschäftigten sind damit natürlich nicht weg. Sie werden aber nicht angespart, sondern als Entgeltpunkte auf ihrem Rentenkonto verrechnet. Einen Entgeltpunkt bekommt, wer in einem Jahr das Durchschnitteinkommen aller versicherungspflichtigen Erwerbstätigen in Deutschland verdient. Wie viele Rentenpunkte die Beschäftigten pro Jahr also erwerben, hängt entscheidend von ihrem eigenen Gehalt ab. Und damit auch die Höhe der späteren Rente. Je mehr Punkte auf dem eigenen Rentenkonto für später gesammelt wurden, desto höher fällt die gesetzliche Rente aus. Durch die eigenen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung erwerben Versicherte selbst einen Anspruch auf eine Rente im Alter, die dann von der nächsten erwerbstätigen Generation finanziert wird. Rente: Das sind die 15 größten Mythen zur Altersvorsorge Fotostrecke ansehen Weniger junge, mehr alte Menschen – Rentensystem steht vor großen Herausforderungen Wegen der demografischen Entwicklung mit sinkenden Geburtenraten und stetig steigender Lebenserwartung der Menschen hierzulande, aber auch aufgrund der Höhe der Arbeitslosigkeit musste der Gesetzgeber das Rentensystem in den vergangenen Jahren immer wieder anpassen. Auch auf den zusätzlichen Druck, den die deutsche Wiedervereinigung auf das Rentensystem auslöste, musste reagiert werden. Das erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Eine Reform war etwa die „Rente mit 63“ und die stufenweise Anpassung auf die Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Die Tabelle zeigt, welche Jahrgänge in den Ruhestand gehen können. Die meisten Berufstätigen dürfen inzwischen sogar erst regulär mit 67 Jahren in Rente. Angesicht der Herausforderungen, mit denen das Rentensystem nicht zuletzt aufgrund der abnehmenden Zahl an Beitragszahlern künftig noch stärker konfrontiert sein wird, ist die neue Regierung zum Handeln verpflichtet. So plant die Merz-Regierung etwa die Aktivrente, bei der Rentner und Rentnerinnen 2000 Euro steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Wie es mit der Rente mit 63 weitergeht, ist im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU noch vage formuliert. Ebenso sollen Rentnerinnen und Rentner in Grundsicherung künftig profitieren, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. (sthe)