Der Start der Online-Verkaufsfunktion TikTok-Shop auf der Kurzvideo-Plattform des chinesischen Konzerns ByteDance hat bei Marketingexperten einen gewissen Hype ausgelöst, da sich damit Waren direkt in Clips und Livestreams an das Publikum verkaufen lassen. Doch der Bundesverband E-Commerce (Buvec) hat umfangreiche Bedenken angemeldet. Er warnt: "Fehlende Grundpreisangaben, nicht vorhandene Herstellerinformationen sowie eingeschränkte Artikelpflege-Optionen stellen für Händler eine rechtliche Grauzone dar." Die Lösung sei daher "aktuell noch nicht als vollwertige E-Commerce-Plattform geeignet, wenn man auf rechtssichere Prozesse, Transparenz und Datenstruktur angewiesen ist". Anzeige Der Buvec hat sich Anfang 2025 gegründet und vertritt vor allem kleine und mittelständische Online-Händler in Deutschland. Ein zentrales Problem bei dem neuen Dienst sind ihm zufolge die Darstellung von Basispreisen, die etwa für die Bewertung von Rabatten entscheidend sind: Deren Angabe sei "in vielen Warengruppen, etwa bei Lebensmitteln, Kosmetik oder Nahrungsergänzungsmitteln, gesetzlich verpflichtend", weiß der Verband. Aktuell gebe es jedoch keine verlässliche Möglichkeit, Grundpreise korrekt und gut sichtbar im TikTok-Shop anzugeben. Das könnte Verkäufer rechtlich in die Bredouille bringen – "und im schlimmsten Fall in die Abmahnfalle". Verlockung: Impulskäufe auf Influencer-Empfehlung Transparenz zur Herkunft von Produkten und zu Anbietern sei im Online-Handel nicht nur aus rechtlicher Sicht wichtig, sondern auch für das Vertrauen der Kunden essenziell, schreibt der Buvec. TikTok-Shop wirke in dieser Hinsicht aber "noch unausgereift – was die Seriosität des Angebots schnell infrage stellen kann". Wer den Komfort von Shop-Systemen wie Shopify, Shopware oder WooCommerce gewohnt sei, werde von der Artikelverwaltung bei TikTok auch eher enttäuscht. Es gebe kaum Möglichkeiten, Produkte mit Attributen oder Varianten auszustatten: "Die Gestaltungsmöglichkeiten sind minimal – weder können Produkttexte sinnvoll strukturiert noch Medien wie PDF-Datenblätter integriert werden." Für komplexere oder erklärungsbedürftige Artikel sei die Lösung so schlicht ungeeignet. Generell habe sich TikTok zu einem "ernstzunehmenden Player im E-Commerce entwickelt", ist dem Buvec nicht entgangen. Die Plattform biete "enormes Potenzial, insbesondere im Bereich Impulskäufe". Die Zielgruppe sei "jung, kaufbereit und ständig auf der Suche nach neuen Trends", was Influencer sich zunutze machen könnten. Buvec-Vorstand Thorsten Meyne überzeugt das Experiment aber noch nicht: "Was TikTok an Reichweite bietet, fehlt aktuell an rechtlicher Substanz." Die Shopping-Offerte sei allenfalls als Ergänzung anzusehen, meint sein Kollege Ronny Freitag. (nen)