Jutta Shaikh ist das Gesicht der Omas gegen Rechts in Frankfurt

Dass der Käsekuchen, der auf dem großen Tisch in ihrer Wohnung steht, nicht selbst gebacken ist, sondern bloß gekauft, ist Jutta Shaikh ein bisschen unangenehm. Eigentlich backt sie herzlich gern für Gäste, doch gerade ist mal wieder „viel zu viel zu tun“. Kundgebungen, Mahnwachen und Infotische organisieren, Flugblätter schreiben, Workshops in Schulen und Kirchengemeinden, die Treffen mit dem Chor, die Zoom-Meetings: Das ist ihr Alltag, das kostet Zeit. Jutta Shaikh, 73 Jahre alt, ist das Gesicht der Frankfurter „Omas gegen Rechts“. Außerdem ist sie die zweite Vorstandsvorsitzende des bundesweit aktiven Vereins der Gruppierung. „Ein ziemlicher Fulltime-Job“: So beschreibt sie ihr Engagement. Politisch interessiert war sie schon immer, politisch aktiv dagegen nicht. Als sie noch arbeitete, fehlte ihr dafür schlicht die Zeit. In München hat Shaikh Betriebswirtschaftslehre und Psychologie studiert. Als sie Mutter wurde, nahm sie ihre Tochter einfach zu den Seminaren und Vorlesungen mit. Das war damals, in den Siebzigerjahren, ungewöhnlich, aber es funktionierte. Karriere machte sie in unterschiedlichen Banken als Kundenbetreuerin für multinationale Unternehmen. „Auf die Haltung kommt es an“ Mit ihrem ersten Mann, einem marokkanischen Wirtschaftsinformatiker, zog sie für vier Jahre nach Casablanca. Shaikh baute dort ein Tourismusunternehmen mit auf, das Reisen durch Marokko anbot, kümmerte sich um Organisation und Marketing. Gemeinsam mit ihrem zweiten Mann, einem Chirurgen, hat sie in Florida ein Hotel geleitet, mit 123 Zimmern und 34 Bootsanlegeplätzen. Überparteilich, aber nicht unparteiisch: So beschreibt Jutta Shaikh die „Omas gegen Rechts“. Zeichnung Alfred Schüssler Von den „Omas gegen Rechts“ hat sie im Mai 2019 erstmals gehört. Ihr Mann war kurz zuvor gestorben, im Fernsehen lief eine Dokumentation über die gegen Rechtsextremismus demonstrierenden Seniorinnen. Shaikh war fasziniert von der Initiative, suchte den Kontakt zur Frankfurter Gruppe, die damals „aus fünf oder sechs Omas“ bestand – heute zählt sie mehr als 400 Mitglieder. Biologische Omas sind sie nicht alle, und „auch ein paar Opas“ sind darunter – wichtiger sei etwas ganz anderes, sagt Shaikh: „Auf die Haltung kommt es an.“ Dass sie oft als „linksgrün-versifft“ beschimpft werden, dass die Unionsparteien mit einer Kleinen Anfrage im Bundestag unlängst Zweifel an der Unabhängigkeit der Initiative formulierten, ärgert Shaikh enorm. Als „überparteilich, aber nicht unparteiisch“ beschreibt sie selbst die Bewegung. Die Aktiven kämen aus unterschiedlichen Lagern, „von der Linken bis zu CDU und CSU“. Was sie verbinde, sei die Gewissheit, dass die Demokratie in Deutschland bedroht sei, vor allem durch die AfD. Frankfurter Heimat Shaikh kennt die Programme der in Teilen rechtsextremen Partei und die zahllosen menschenverachtenden Aussagen ihrer Mitglieder sehr gut, hat sich in die Gedankenwelt von AfD und „neuen Rechten“ tief eingearbeitet. „Je mehr man sich damit befasst, umso mehr sieht man, wie gefährlich diese Partei ist.“ Auch wenn sie einige Jahre im Ausland lebte, als „ihre Heimat“ bezeichnet Shaikh Frankfurt. So „offen und multikulturell“ sei keine andere Stadt im Land. Als sie zum ersten Mal nach Frankfurt zog, dachte sie: „Hier ist es wie in London.“ Auch ihre beiden Kinder leben in der Stadt, mit ihren drei Enkeln verbringt Shaikh „möglichst viel Zeit“. Mindestens einmal im Monat treffen sie sich alle, unternehmen einen Ausflug, gehen zum Brunchen oder in einen Escape Room.