"Blue Prince" abgespielt: Verdammt clever

Dogubomb schafft mit "Blue Prince", was dieser Tage kaum noch ein AAA-Titel schafft: einen Metacritic-Score von 93 und begeisterte User-Meinungen auf Steam. Für nicht wenige Kritiker ist es schon jetzt ein Anwärter auf den Titel "Spiel des Jahres". Dazu ist das Spiel gleichzeitig in Microsofts Game Pass und Sonys Playstation Plus Extra enthalten. Was steckt hinter dem Hype um ein Spiel, das klassische Point&Click-Abenteuer mit Brettspielmechaniken und Roguelike-Spielelementen mixt? Anzeige Schwieriges Erbe Der Spieler übernimmt die Rolle des jungen Simon, der von seinem steinreichen Onkel eine riesige Villa erbt. Alles gehört ihm – es gibt nur einen kleinen Haken. Er muss erst einen Weg vom Eingang bis zum 46. Raum des Hauses finden, um sich sein Erbe zu verdienen. Für die Aufgabe hat er pro Tag nur eine bestimmte Anzahl von Versuchen, sprich "Schritte", frei. Da fast jeder Raum mit Rätseln gespickt ist, wäre die Aufgabe allein schon schwer genug. Doch der gute Onkel hat sich noch einen besonders fiesen Twist ausgedacht. Mit jedem Tag ändern sich die Räume und Simon muss ganz von vorne beginnen. Bild 1 von 5 "Blue Prince" angespielt (5 Bilder) Knifflig und spannend: "Blue Prince" ist ein Traum für Rätselfreunde (Bild: heise online ) Spielerisch erwartet uns ein Mix aus Knobelaufgaben, Strategie und ein wenig Ressourcenmanagement. Das Haus besteht aus 45 Räumen, angeordnet in einem 9x5 Raster. Anfangs gibt es nur zwei feste Räume: die Eingangshalle und den Übergang zum 46. Zimmer. Das restliche Spielfeld ist leer. Wir bewegen uns in der Egoperspektive durch die Villa. Erst wenn wir eine Tür öffnen, können wir aus drei Räumen wählen, in denen Rätsel oder Gegenstände versteckt sind. Bei jedem Versuch haben wir 50 Schritte pro Tag Zeit, um unser Ziel zu erreichen. Jeder neue Raum verbraucht einen Schritt. Sind die Schritte aufgebraucht, ist der Tag zu Ende und alles beginnt von vorne. Frei Speichern ist nicht möglich. Die Roguelikes lassen grüßen. Cleverer Spielemix Die erste Aufgabe besteht deshalb darin, die Räume so zu wählen, dass sie nicht in einer Sackgasse enden. Jeder dieser Räume ist pro Spielrunde nur einmal vorhanden. Manche haben verschlossene Türen, die erst mit einem Schlüssel geöffnet werden. Andere brauchen Juwelen oder werden erst zugänglich, wenn wir im Kesselraum die Rohre richtig verlegen, das Wasser aus dem Pool abpumpen oder den Strom einschalten. Und damit kommen wir zum zweiten großen Spielelement, den Rätseln. Laut Chef-Designer Tonda Ros ist "Blue Prince" von Brettspielen und besonders dem Rätselbuchklassiker "Maze" von Christopher Manson inspiriert. Wie jede Seite im Buch bietet fast jeder Raum der Villa Rätsel oder Hinweise auf ihre Lösung. Auf einer Notiz findet sich versteckt eine Hilfe für ein Mathe-Rätsel. An anderer Stelle müssen Statuen in der korrekten Reihenfolge aktiviert werden. Zunächst kryptische Hinweise ergeben erst viel später einen Sinn, wenn wir einen entsprechenden Raum gefunden haben. Wer alles lösen will, muss sich fleißig alle Infos auf einem guten alten Schreibblock notieren oder regelmäßig Screenshots machen. Anzeige Glücklicherweise finden sich in der Villa ein paar Hilfsmittel. Mit einem Spaten buddeln wir Schlüssel oder Geldstücke aus, mit denen wir uns in der Küche Essen kaufen, um unsere Schrittanzahl zu verlängern. Ein Vorschlaghammer knackt das Schloss einer Truhe und in der Werkstatt werde später Werkzeuge kombiniert. In einer Art Garderobe können wir auch wichtige Gegenstände wie eine Code-Karte einlagern, um sie am nächsten Tag abzuholen. Manchmal finden sich auch alte Disketten, mit denen wir am Computer einzelne Räume upgraden, um mehr Schlüssel oder Juwelen zu finden. Ausgereiftes Spielprinzip mit Anlaufschwierigkeiten "Blue Prince" steckt voller Ideen, um das an sich simple Spielprinzip zu erweitern. Kein einziges Element wirkt unnütz, um die Spielzeit zu strecken. Irgendwann ergibt alles einen Sinn. Das sorgt für eine ausgereiftes Spielerlebnis, das die lange Entwicklungszeit von rund acht Jahren erklärt. Dennoch sollten ungeduldige Spieler gewarnt sein. "Blue Prince" ist kein leicht zugänglicher Spielesnack, sondern legte uns bei unseren Anspielstunden den ein oder anderen Stolperstein in den Weg. Empfohlener redaktioneller Inhalt Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen. YouTube-Video immer laden YouTube-Video jetzt laden Die erste Hürde: die Spielsprache ist Englisch. Jeder Text, jedes Wortspiel oder jedes Rätsel erfordert gute Sprachkenntnisse. Die zweite Hürde: es spielt sich zähflüssig. Besonders am Anfang fehlt der Überblick über das große Ganze. Einfach ein paar Räume anlegen, ein bisschen Wimmelbildsuche und kleine Rätsel lösen? Das Abenteuer entfaltet nur langsam seinen Reiz, zumal die Entwickler die Spieler kaum an die Hand nehmen. Anfangs standen wir ratlos vor einer Tür oder einem Rätsel und kamen nicht weiter. Dazu kommt eine nüchterne, detailarme visuelle Umsetzung, die für ein Indie-Spiel verständlich ist, aber keine Schönheitspreise gewinnen wird. "Blue Prince" spielt sich am besten als eine Variante des Filmklassikers "Und täglich grüßt das Murmeltier". Wie Bill Murray müssen die Spieler an jedem Tag scheitern, um für die Zukunft zu lernen. Oft half es, wenn wir absichtlich alle unsere Schlüssel und Juwelen aufbrauchten, um die Funktion eines bestimmten Raumes auszutesten oder wichtige Hinweise zu finden. Das macht das Spieltempo langsamer, aber umso lohnender, wenn am nächsten Tag die Lösung schneller gefunden ist. Rätselfreunde sollten sich deshalb nicht abschrecken lassen. "Blue Prince" sieht vielleicht nicht toll aus und hat einen zähen Einstieg, ist aber dank vieler Ideen und einem ausgereiften Spielprinzip jede Spielminute wert. Zwischenfazit The Hype is real. "Blue Prince" ist eine der größten Spielüberraschungen des Jahres. Selbst ohne Indie-Bonus bleibt ein ausgereiftes Spielprinzip, das eine clevere Idee an die andere reiht. Die Rätsel sind knifflig und belohnen Spieler, die auch vor ein paar Frustmomenten nicht zurückschrecken. Deshalb erfordert das Spiel am Anfang auch ein wenig Geduld. Wer auf schnelle Erfolge aus ist, wird mit dem Spielprinzip nicht glücklich. Rätselfreunde, die sich aber abseits üblicher Point&Click-Abenteuer oder anderer Puzzle-Spiele nach Abwechslung sehnen, kommen bei "Blue Prince" voll auf ihre Kosten. "Blue Prince" ist für Windows, PS5 und Xbox Series erschienen. USK ab 0. Es kostet ca. 30 €. Es ist im Game Pass und PSN Plus Extra enthalten. (dahe)